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Zusammentreffen von Konzil und Kaiser. Das Schauspiel war schon bisher ein mächtiges gewesen, jetzt wurde es noch umfassender. Zahlreiche neue Beziehungen und Erscheinungen traten zu der Fülle, die schon da war. Neben der Welt der Kirche tat sich die Welt des Reiches auf.

Das Wichtigste in dieser Beziehung war, daß Sigmund in Basel den Reichstag um sich versammelte. Am 25. Oktober hatte er ihn auf den 30. November einberufen; da nur Wenige dem Rufe folgten, erging am 8. Dezember eine neue Ladung auf 6. Januar 1434, und zu diesem Termin trafen Fürsten, Räte und Städteboten in großer Zahl hier ein.

Auf die Arbeiten dieses Reichstages, die hauptsächlich den Husitenangelegenheiten und dem schwäbischen Landfrieden galten, ist hier nicht einzugehen. Sie waren umfassend genug; aber neben ihnen nahmen noch andere Dinge den Kaiser in Anspruch. Mit dem Konzil hatte er zu verhandeln über die Frage der Präsidentschaft, über Rangstreitigkeiten, über die Uebergriffe des Konzils in den Bereich staatlicher Gewalt u. a. m. Hiezu kam eine gehäufte Menge sonstiger Geschäfte aller Art, weltlicher und geistlicher, politischer und administrativer, die Erledigung finden sollten. Vergegenwärtigen wir uns den Umfang und den steten Wechsel dieser Verrichtungen, dazu die Alles erfüllende Persönlichkeit Sigmunds selbst, so erhalten wir in der Tat das Bild einer erstaunlich bewegten Zeit. Im Johanniterhause und zu Predigern und wo sonst sich der Kaiser in Geschäften betreten ließ, ging es unruhig zu, und dabei klagten Viele, daß sie zu keinem Ziele kämen. „Wer hie zu Basel nit sin muß und nit fast ernstlich hie zu tun hat, der bleibe im Frieden daheim“ schrieb der Frankfurter Gesandte nach Hause.

Neben die Geschäfte traten große und kleine Szenen und Ceremonien in Fülle. Auch an diesen wird offenbar, wie sehr sich der Schauplatz erweitert hatte.

Die Anwesenheit des Kaisers in den Konzilsdeputationen wurde freilich außen kaum bemerklich; um so mehr sein feierliches Thronen in den allgemeinen Versammlungen im Münster, wo er Krone und kaiserliches Gewand trug, Reichsapfel, Szepter und Schwert von seinen Fürsten neben ihm gehalten wurde. So insbesondere in der Session vom 26. April 1434, in der die Zulassung der päpstlichen Präsidenten verkündet und damit auch der letzte Streit zwischen Papst und Konzil beglichen wurde. Es war dies die glänzendste aller Sessionen; hundertfünf Mitren tragende Prälaten, darunter elf Kardinäle und drei Patriarchen, waren neben einigen Hundert sonstigen Konzilsvätern, Fürsten und Herren in ihr anwesend.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 504. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/523&oldid=- (Version vom 1.8.2018)