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Burgund und Bretagne, Burgund und Deutschland. Diese Händel waren es, die das Weihnachtsfest 1433 störten, ohne Rücksicht auf die Anwesenheit des Kaisers, die am Palmsonntag 1435 die Prozession unmöglich machten; als im November 1435, wieder um eines Rangstreites willen, zwei spanische Bischöfe einen englischen Prälaten im Münster von seinem Stuhle warfen, kam es zwischen den Anhängern und Dienern der Streitenden zu einer Prügelei; der skandalöse Vorfall hatte zur Folge, daß drei Tage lang in allen Kirchen Basels Interdikt war.

Die Ergänzung zu diesem Bilde, das die Versammlungen boten, waren die zahlreichen Schauspiele und Veranstaltungen, die immerfort die Geschäfte des Konzils begleiteten und unterbrachen, und durch die ein eigentlich festliches Element zu dem sonst schon vorhandenen Reichtum des Konzilslebens hinzutrat. Es waren Akte und Ceremonien aller Art, die sich im buntesten Wechsel ablösten; ihre Begleitung, das Glockengeläute, scheint unausgesetzt feierlichen Klanges über der Konzilsstadt zu schweben.

Vor allem sind die rein kirchlichen Funktionen zu erwähnen, die freilich an sich nichts Neues waren, hier aber vermöge der Macht und Universalität der Konzilsversammlung zu Ceremonien gewaltiger Art wurden. Alljährlich bis dahin hatte Basel die Feste begangen, die Heiligen seiner Kirchen und Orden gefeiert. Mit welcher Steigerung geschah das aber jetzt! Wie prunkvoll jetzt die Frohnleichnamsprozessionen, bei denen Kardinäle, Patriarchen, zahlreiche Bischöfe, Fürsten und ihre Botschafter durch die geschmückten Straßen schritten. Den gewohnten Festen der Münsterkirchweih, des Kaisers Heinrich, der Lichtmeß usw. gab die Teilnahme des Konzils erhöhten Glanz. Dasselbe widerfuhr den Stiftern und den Klöstern, die an den großen Tagen ihrer Heiligen nun die Scharen dieser fremden Prälaten ihre Kirchen füllen sahen, Messe und Predigt durch die hohen Gäste besorgen lassen konnten. Vor Aller Augen stand die Einheit dieser Kirche und ihre Beherrschung der ganzen Welt, wenn die Verschiedenartigsten, Einer um den Andern, vor den Altären und auf den Kanzeln Basels funktionierten: ein Spanier aus dem Predigerorden, der Bischof von Gurk, der Erzbischof von Rouen, Einer aus dem Humiliatenorden, die Bischöfe von Burgos, von Lausanne, von Aarhus usw.; wenn in der Barfüßerkirche der Elect von Albi durch den Bischof von Leictour konsekriert wurde; wenn am Weihnachtsfeste 1434 die Messe im Münster durch den Kardinal von Cypern gehalten, das Evangelium in griechischer Sprache durch den bärtigen Bischof von Suda (auf Kreta) gelesen wurde.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 497. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/516&oldid=- (Version vom 1.8.2018)