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der lebhaftesten Art zwischen ihr und der Konzilswelt bestanden. Das St. Leonhardsstift hinwiederum kam als Wohnung des Präsidenten Cesarini sehr in Betracht; wiederholt fanden dort oben Besprechungen kleinerer Gruppen statt. Das Stiftsgebäude von St. Peter endlich wird genannt zumeist als Ort der Deputation pro communibus.

Diese kam aber gelegentlich auch bei den Predigern zusammen, und schon im Herbst 1432 war dann von einer Verlegung in die Nähe des Münsters die Rede. Zuerst kam das Augustinerkloster in Vorschlag, dann aber der Festsaal im Hause zur Mücke, und seit Frühjahr 1433 finden wir die Deputation in diesem Hause residierend.

Von den übrigen Deputationen ist zu sagen, daß die deputatio pro reformatorio ihren Ort anfangs im Predigerkloster hatte; später aber, als die verschiedenen Organe des Konzils sich immer mehr in das Zentrum der Stadt zogen, wechselte auch diese Deputation ihren Ort und begab sich in den Kapitelsaal des Münsters.

Die deputatio pacis saß im Augustinerkloster, die deputatio fidei zu Barfüßern.

Dieser ganze Apparat einer ausgedehnten und eigenartigen Geschäftsbesorgung war für die Basler Bevölkerung ein Gegenstand nicht geringen Erstaunens, wenn sie sich des einförmigen Lebens erinnerte, das sonst in diesen Klöstern waltete. Jetzt war hier ein unaufhörliches Kommen und Gehen von Fremden, ein Reden und oft Schreien in allen Zungen. Die Portale der Kirchen wurden nie leer von Anschlägen, in denen Sitzungen angesagt wurden, sowie von Zitationen und Monitorien; bei Plakaten letzterer Art standen oft Bewaffnete, durch die zitierende Partei zur Bewachung des Anschlags aufgestellt.

Auch der Gang der Versammlungen selbst bot des Verwunderlichen und Ungewohnten die Fülle. Ein einzigartiges Schauspiel schon dieses Debattieren beinahe zwei Jahrzehnte lang, ohne Aufhören, in Kommissionen, Deputationen, Generalkongregationen, Sessionen. Auch abgesehen von Ungeheuerlichkeiten, wie die Reden in der Diskussion mit den Böhmen waren, — Palomars Rede dauerte drei Tage, die Replik des Johann Rokyzan vier Tage, und Johann von Ragusa setzte seine Widerlegung durch acht Tage hindurch fort — war diese alle Sitzungen erfüllende Weitschweifigkeit, diese Freude am Wort, an der Theorie etwas Erstaunliches.

Der Gegensatz hiezu dann in denselben Versammlungen der wilderregte Streit. Die Zwietracht der Nationen vor allem trat zu Tage in den endlosen Rang- und Sitzstreitigkeiten zwischen Engländern und Franzosen,

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 496. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/515&oldid=- (Version vom 1.8.2018)