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erfüllte sie, und Johann von Palomar hielt ihnen eine weihevolle Rede über den Text des Propheten Maleachi: „Bald wird kommen zu seinem Tempel der Herr, den ihr suchet, und der Engel des Bundes, des ihr begehret“.

So begann das Konzil. Auf unvollkommene Weise und zögernd. Aber die Ueberzeugung von seiner Notwendigkeit wurde, kurz nachdem es begonnen hatte, aufs mächtigste gestärkt durch den Verlauf der Dinge in Böhmen. Dort versagte der Krieg völlig; und was an seine Stelle treten mußte, das Verfahren der Unterhandlungen und des Ausgleichs, konnte nur Sache des Konzils sein. So wuchs dessen Beruf in wenigen Wochen schon. Am 14. August hatten bei Taus die Husiten einen gewaltigen Sieg erfochten, das Kreuzheer war geflohen und mit ihm Cesarini, Legatenkreuz und Kreuzzugsbulle hinter sich in den Händen der Ketzer lassend.

Nichts ist sprechender als der schroffe Gegensatz, mit dem unmittelbar auf die Schmach dieser Flucht der stolze Einzug des Cesarini in Basel folgte. Am 9. September. Ritter Arnold von Rotberg und Henman Offenburg begrüßten den Legaten Namens der Stadt schon in Laufenburg. Vor den Mauern Basels traf er dann auf die paar Konzilsherren, die ihn ehrfurchtsvoll und sehnsüchtig erwarteten; bei ihnen war der gesamte Klerus und viel Volk aus der Stadt, Alle in Festgewändern. Unter einem von Adligen getragenen seidenen Baldachin, indes alle Glocken der Stadt läuteten, zog Cesarini zum Münster hinauf. Sein Quartier nahm er vorerst im Hause des deutschen Ordens beim St. Albanschwibogen.

Die Akten zeigen, wie kräftig der Konzilspräsident sofort eingriff: zwischen Burgund und Oesterreich bewirkte er einen Waffenstillstand und sicherte damit den Weg der von Westen und Norden zum Konzil Kommenden; die Husiten lud er durch Briefe und Botschafter vor das Konzil; mit den Reformplänen machte er unverweilt Ernst, indem er die Geistlichkeit Basels, beim Domkapitel anhebend, visitieren ließ.

Dieser Aktivität entsprach, daß nun das Konzil selbst Leben zeigte, zu wachsen begann, in immer weiteren Kreisen Anerkennung und Anhang fand. Am 8. September hatte der Rat von Basel Sicherheit und Geleite zugesagt, und von allen Seiten begann es nun zu strömen. Das erstaunliche Bild einer Kirchenversammlung entwickelte sich immer mächtiger.

Eine völlig deutliche Anschauung hievon geben schon allein die Listen der frühesten Konzilsteilnehmer Jedem, der auch hinter Nomenklaturen das Leben zu hören und zu sehen vermag. Wie rasch fand sich das Häuflein der enthusiastischen Ersten von Genossen umgeben. Der Bischof von

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 479. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/498&oldid=- (Version vom 1.8.2018)