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und Begeisterung. Aber für Basel bedeutete der böhmische Krieg etwas ganz Anderes. Es war ein über eine ferne Szene gehendes Schauspiel. Zwischen dem mächtigen, an Leidenschaft und Schmerz, Unglück und Verblendung so reichen Vorgange und der Teilnahme, die ihm Basel schenken konnte, lag die Behandlung dieser Dinge durch die Organe des Reiches.

Basel nahm an der ganzen Geschäftigkeit dieser Organe auf seine Weise teil, durch Beschickung der meisten Reichstage, und vor allem durch Beratung mit andern Städten. Es empfing im Sommer 1422 das am Nürnberger Reichstag erlassene Gesetz über die Stellung von Kontingenten zum Krieg in Böhmen. Unter dem Eindruck der schweren Niederlage, die König Sigmund am 8. Januar d. J. bei Deutschbrod erlitten hatte, war die Aufstellung eines Reichsheeres beschlossen worden, dessen Zusammensetzung an Hand des erwähnten Gesetzes geschehen sollte; das Kontingent Basels war auf sechzehn Glefen (Straßburg zwanzig, Frankfurt fünfzehn, die Breisgauer Städte insgesamt zehn) normiert. In Wirklichkeit aber stellte Basel keinen Mann.

Es ist nicht zu bestreiten, daß die Stadt durch eigene Sorgen stark in Anspruch genommen war, und die böhmische Sache lag ihr in der Ferne. Die Zerwürfnisse zwischen Katharina und Friedrich von Oesterreich, die nie weichende wälsche Gefahr, der Ellikurterkrieg, der Streit mit Markgraf Bernhard, die allgemeine Unsicherheit, all dies rief ihrer Aufmerksamkeit. Aufgebote und Mahnungen des Königs lehnte sie mit dem Hinweis auf solche Verpflichtungen und Hemmnisse ruhig ab. Auch Papst Martin mahnte vergeblich. Basel sah zu, wie die Kurfürsten sich zusammenschlossen, mit ihrem Binger Kurverein für den stets abwesenden König einzutreten versuchten. Für Basel bildete diese Entfernung des Königs keine Sorge; Offenburg reiste leicht und gerne und brachte auch in Preßburg zu Stande, was der Stadt frommte. Daneben hielt der Rat Abrechnung mit den Herren, die vordem nach Böhmen geritten waren, und ließ sich von ihnen den zuviel erhaltenen Sold zurückerstatten.

So gingen die Jahre hin, bis im Herbst 1427 wieder eine schwere Alarmnachricht aus Böhmen kam, von der Niederlage des Reichsheeres bei Tachau, und unter der Wirkung hievon neue Anläufe gemacht wurden. Auch jetzt erschien wieder ein Legat der römischen Kirche. Diesmal war es ein energischer Engländer, der Kardinal Heinrich von Winchester. Er war mit im Felde gewesen und hatte die Flucht des Heeres nicht aufhalten können; nun griff er mit starker Hand in die Reichsgeschäfte ein. Auch Basel wurde durch ihn zur Versammlung der Stände in Frankfurt

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 473. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/492&oldid=- (Version vom 1.8.2018)