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Anregungen und konnte täglich das Bewußtsein haben, daß seine Sache auch die Sache anderer Städte sei; dieses gemeinsame Leben, dieses Zusammenarbeiten war für die Städte geradezu Bedürfnis und Gebot. Wiederholt sprachen sie es aus, daß sie zur Wahrung ihrer Freiheiten, zur Abwehr unbilliger Widerwärtigkeit und Anfechtung zusammenhalten müßten. Das Auftreten der Herren in der Pfahlbürgersache, die von den Kurfürsten geplanten Aenderungen der Reichsgoldmünze, das Verbot König Sigmunds, mit Venedig Handel zu treiben, die Uebergriffe der Landgerichte — all dies waren Lasten oder Gefahren für jede Stadt und wurden gemeinsam bekämpft. Weiterhin verband die Städte die Sorge für die Sicherung des Landes, und hierin gingen sie mit den Fürsten zusammen; Landfriedensprojekte und Entwürfe zu umfassenden Bündnissen beschäftigten die Städte wiederholt.

Ein besonderes Hervortreten Basels in all dieser Tätigkeit ist nicht zu bemerken. Der Anteil der einzelnen Stadt an dem großen gemeinsamen Wirken ist für uns nicht zu fassen. Sie beriet und handelte mit den übrigen. Nur gelegentlich hatte Basel, wie durch seine Gesandten, so durch seine Briefe die andern Städte zu vertreten. So im Mai 1425, als es die schwierige Redaktion der Erwiderung übernahm, die dem König auf seine Frage, wessen er sich zu den Städten versehen könne, namens Straßburgs und der oberrheinischen Städte erteilt werden sollte. Es war die Zeit der Zerwürfnisse mit Markgraf Bernhard und des Zusammengehens der Städte mit dem Pfalzgrafen; da dann der König den Oberrheinern gegenüber die strengen Worte brauchte, wenn sie auch den Pfälzer als ihren König betrachteten, so wollte er dennoch Herr und König sein.


Im Vordergrund aller Reichsangelegenheiten aber stand die böhmische Frage. Sie erfüllte und beherrschte das ganze Jahrzehnt.

Der Hinrichtung des Johannes Hus am 6. Juli 1415 in Konstanz antwortete aus Böhmen ein schrecklicher Widerhall. Volk und Adel traten zusammen, erhoben sich, wendeten sich in wildestem Zorn gegen die Kirche. Und während das Konzil nur Bannbullen hatte, organisierte sich diese Bewegung immer mehr, entwickelte sich rasch und mit unwiderstehlicher Gewalt zu einem Alles in Frage stellenden Aufruhr. In Verkündung der Lehren des Hus über Glaube und Gottesdienst, in der Auflehnung gegen die herrschende Kirche begann der Husitismus; aber er blieb hiebei nicht stehen. Er wendete sich auch gegen die in Staat und Gesellschaft geltende Ordnung; „die Bauern nannten die Herren, die Edeln und die Gewaltigen

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 470. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/489&oldid=- (Version vom 1.8.2018)