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einige Jahre später den sechzigjährigen Burchard Münch von Landskron zum Manne.


Mit der üblichen Vorstellung einer Wegelagerei, die nur aus Raublust geübt wird, werden wir nicht allen Erscheinungen gerecht, die uns hier begegnen. Auf psychologisch merkwürdige Weise zeigt z. B. Konrad Sinz die Entwicklung eines reichen Patriziersohnes und Ratsherrn zum Straßenräuber; in der Angelegenheit des Hans Schreiberlein, die zudem weit ins Allgemeine reicht, sehen wir wohlsituierte Kaufleute kraft Rechtens zu solchen Gewaltmitteln greifen.

Unter den Basler Kaufleuten jener Zeit tritt wiederholt der Sohn des frühern Stadtschreibers Johann von Altdorf hervor; vom Berufe des Vaters trug er den Beinamen und hieß gemeinhin Hans Schreiber oder Schreiberlein. Er war Besitzer des Hauses zum Hasen neben dem Rathause und trieb allerhand Geld- und Warengeschäfte. Als sein Teilhaber erscheint gelegentlich Laurenz Taubenei von Aschaffenburg. Sie handelten mit aragonischem Safran und andern Dingen.

Im Jahre 1417 wünschte Sigmund seinen neuen Bundesgenossen König Heinrich von England mit einem Geschenk in Wein zu ehren und übertrug dessen Besorgung seinen Basler Geschäftsleuten. Es handelte sich um zweihundertfünfzig Fuder, die von Basel den Rhein hinab und übers Meer nach London gebracht werden sollten.

Zu dieser Unternehmung traten mehrere Basler Consortien zusammen: Heinrich von Biel und Dietrich von der Ziel mit dem Blumenwirt Peter Hans Wentikum von der einen, Hans Schreiberlein mit Wilhelm von der Ziel und Laurenz Taubenei von der andern Seite. Die Spedition ging vor sich; Sigmund hatte für die ganze Rheinfahrt Zollfreiheit bewilligt.

Aber König Heinrich bekam diesen Wein nie zu kosten. Die Zwistigkeiten Sigmunds mit Jakobäa von Holland, Tochter des unlängst verstorbenen Grafen Wilhelm, deren Lande er dem Bischof Johann von Lüttich zugesprochen hatte, um sie dann ans Reich zu ziehen, traten dazwischen. Als die Weinschiffe in holländisches Gebiet gekommen waren, wurden sie unweit Utrecht durch Jakobäa und ihren Gemahl, den Herzog Johann von Brabant, weggenommen, weil es Wein König Sigmunds sei.

Die Geschädigten aber waren die Basler Spediteure, und diesen erlaubte nun Sigmund, sich an allem Gut der Frau von Holland und des Herzogs von Brabant selbst schadlos zu halten; seinen Untertanen durchs ganze Reich befahl er, ihnen hiebei behilflich zu sein.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 460. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/479&oldid=- (Version vom 1.8.2018)