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eines Damasttuches, den Ehrenfels mit zehn Gulden für sich gewonnen hatte.

Der Rat sandte Boten an die Grafen von Tierstein zur Beilegung von Streitigkeiten, und Alles war so weit, daß der Friede zu Stande kommen konnte. Da fuhren Rotberg und Ehrenfels dazwischen und machten ihn zu nichte. In gleicher Weise wirkten sie gegen eine gütliche Verständigung mit der Herrschaft Oesterreich und hinterbrachten auch Alles, was in dieser Sache ging, dem Grafen von Salm und andern Herren, die dann ihrerseits bei Basel vorstellig wurden.

Was der Bericht in jedem einzelnen dieser Fälle und bei andern ähnlichen Gelegenheiten den Beiden zum Vorwurf macht, ist, daß sie gewissenlos und dem Eide zuwider nur ihre persönliche Gunst wie ihren Haß und ihre Rache im Auge hatten, Nutzen und Ehre der Stadt vernachlässigten.

Bezeichnender aber ist die Schilderung ihres Verfahrens im Rate überhaupt, die Charakteristik ihres ganzen Waltens.

Vor allem wie sie durch Beeinflussung der Kieser den Bestand an Ratsherren nach ihrem Willen formten, junge und selbständige Männer, „die sich der Stadt Nutzen und Ehre zu Herzen gehen ließen“, entfernten und statt ihrer alte Leute hineinbrachten, die nirgends Bescheid wußten und Alles gehen ließen. Wenn sich dann trotzdem noch ein Gegner fand und regte, so griffen sie zum Mittel der Einschüchterung, des Niederschreiens. Mit den schnödesten Worten hießen sie ihn schweigen. Gegen die Zunftmeister hauptsächlich, deren Wahl sie nicht beeinflussen konnten, traten sie in dieser Weise auf. „Er lasse nicht jeden Metzger seinen Herrn sein“ schrie Ehrenfels den Zunftmeister zum Schlüssel an. „Sind wir eure Herren? oder seid etwa ihr die unsern?“ fragten sie drohend die Zehner. Kein Zunftmann getraute sich mehr, ihnen zuwider zu reden oder zu handeln; sie allein hatten die Gewalt in Händen. Wenn Einer von ihnen aus dem Rate ging, so blieb der Andre sitzen, sodaß das Terrorisieren ein beständiges war und die Opposition nie Luft erhielt. Auch vor dem Schultheißengericht redeten sie heftig wider die Urteile, die ihnen nicht gefielen; einen Falschmünzer ließen sie straflos ausgehen.

Man ist erstaunt, daß eine solche Willkür überhaupt möglich sein konnte. Sie setzt eine entschiedene, rein persönliche Macht und Ueberlegenheit voraus.

Unter friedlichen Verhältnissen hätte der Mißstand einer solchen Usurpation vielleicht noch länger andauern können; aber die große allgemeine

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 349. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/368&oldid=- (Version vom 1.8.2018)