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Unter den Zeugnissen der Geschichte Basels fehlt eine Rechtsaufzeichnung, wie solche für andre Städte bestehen. Das Bischofsrecht, in seiner Kürze doch voll der wichtigsten Angaben, ignoriert die Stadtgemeinde. Für die frühere Zeit sind wir auf urkundliche Nachrichten angewiesen.

Hier soll nichts geboten werden als eine Verwertung dieser Nachrichten; über das so Gesicherte hinaus sind weder der Phantasie noch der Systematik Rechte einzuräumen. Doch gibt es neben dem Schrifttum auch tatsächliche Zustände, und aus diesen können Annahmen abgeleitet werden, die als natürliche und praktische Folgerungen gelten dürfen.


Suchen wir die Anfänge der Stadt zu erkennen, so dürfen wir den Begriff Bischofsstadt nicht dominieren lassen. Basel ist nicht aus dem Römerkastell hervorgegangen, auch nicht aus der Bischofsburg; es entstand und entwickelte sich daneben.

Schon in römischer Zeit waltete hier in der Flußniederung ein eigenartiges Leben, bestand eine mehr oder weniger geschlossene Ansiedelung. Wenn aber solches Leben vorhanden war, so ergab sich als Notwendigkeit eine Organisation, eine Verfassung. Wir mögen sie uns zunächst so primitiv als möglich denken; für ihr Wesen mußte bestimmend sein, daß die Niederlassung keine nur bäuerliche war; sie hatte sich an einem wichtigen Verkehrspunkte gebildet, und ihr Charakter entsprach solcher Lage.

Es ist anzunehmen, daß die Zustände der Römerzeit sich zum guten Teil in die fränkische Periode herüber erhalten haben. Wenn jetzt auch die Verfassung die einer Dorfschaft sein mochte, so bestand doch die alte Ansiedelung, behaupteten sich hier Handel und Verkehr, dauerten die wirtschaftlichen Verhältnisse weiter. In diese hinein brachte nun der Bischof neue und starke Impulse. Die Verlegung des Bistums an diese Stelle kann an sich schon als Beweis dienen für die Bedeutung des frühesten Basel. Bischofssitze stellte man nicht ins freie leere Land hinein; man wählte für sie Orte, die schon zubereitet und entwickelt waren, eine ansehnliche Bevölkerung hatten, Schutz und Komfort boten, als weithin bekannt galten. Der Bischof verließ Augst, weil es abging, und bezog Basel, weil es stand

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/34&oldid=- (Version vom 1.8.2018)