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Den Sommer 1349 durch währte diese Bewegung, und auch Basel ward von ihr ergriffen. Viele schlossen sich hier den Geißlerzügen an. Eine Schar, aus hundert der angesehensten Basler Bürger bestehend, zog nach Avignon zum Papste, um vor seinen Augen ihre Buße zu zeigen. Aber Papst Clemens, der aus Angst vor der Pest in einer Kammer bei beständig brennenden Feuern saß und sein Schloß nie verließ, wollte die Basler nicht sehen. Er gebot vielmehr, sie ins Gefängnis zu werfen. Auf Fürsprache einiger Kardinäle wurde zwar die Strafe wieder erlassen. Aber wie die Kirche über diese ganze, ihre eigene Autorität in Frage stellende Laienbewegung dachte, zeigen die Bekämpfung der Geißler durch die Priester und das päpstliche Ausschreiben, worin dies Wesen als eine ketzerische Sache verboten wurde.

Zur gleichen Zeit jedoch, in der die Kirche solche Regungen unterdrückte, erschloß sie der gepeinigten Menschheit ihre eigene Hilfe in erhöhtem Maße, indem sie auf 1350 ein allgemeines Jubeljahr verkündigte und den die heiligen Stätten in Rom Besuchenden Ablaß in Aussicht stellte. Aus allen Ländern begann nun die Romfahrt; zu Pfingsten feierte der Orden der Augustiner sein Generalkapitel zu Basel, und den hiebei Anwesenden wurden die gleichen Gnaden verheißen, die mit dem Besuche der ewigen Stadt zu erlangen waren.


So furchtbar alle diese Schrecken und Nöte auch gewesen waren, so rasch ging ihre Wirkung vorüber. „Die Welt hub wieder an zu leben und fröhlich zu sein“ sagt die Limburger Chronik, und ein Franzose schildert mit Erstaunen die Jahre nach dem großen Sterben als eine Zeit unerhörter Fruchtbarkeit der Menschen wie der Erde.

In der Tat ist eine Hemmung des wirtschaftlichen und politischen Fortschrittes durchaus nicht zu erkennen. Die Lebenskraft der Städte hat diese Ereignisse ungeschwächt überstanden.

Auch die Geschichte Basels läßt nichts von Erlahmung spüren. Gerade diese Jahre zeigen sie kriegerisch tätig, gegen Zürich und gegen den Herrn von Burgundisch-Neuenburg, und selbst das Gewaltige, das dann eintritt, die Katastrophe des Erdbebens, bringt ihrem Leben keinen Stillstand.

Am Lukastag 18. Oktober 1356, einem Dienstag, kündigte sich das Unglück zur Vesperzeit durch einen mächtigen Erdstoß an, der viele Häuser zum Einstürzen brachte und das Münster beschädigte. Ein Teil der Einwohner floh erschreckt aus der Stadt; sie lagerten sich draußen im Felde und warteten ängstlich, was weiter aus der Sache werden wolle. Da, zu

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 270. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/289&oldid=- (Version vom 1.8.2018)