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zur Verhütung wiederum von Judenverfolgungen; und auch Basel nahm daran teil.

Aus Basel selbst verlautet während aller dieser Jahre Nichts von Unruhen dieser Art. Aber 1349 kam es auch hier zum Ausbruche.

Den Anstoß gaben Gewalttaten einiger Ritter gegen Basler Juden. Wir haben auch hier an Schuldner zu denken, die sich an ihren Gläubigern vergriffen, und daß es sich um Ausschreitungen ernster Art handelte, zeigt die Strafe, mit welcher der Rat die Missetäter und Friedebrecher belegte; er verbannte sie auf lange Zeit aus der Stadt.

Gegen diesen Spruch erhob sich nun das Volk. Schwerlich der Adligen wegen. Aber der Judenhaß regte sich. Schon war die Pest, von Süden herankommend, nahe; vielleicht war sie in der Stadt selbst schon aufgetreten. Die Angst machte Jeder zum gläubigen Hörer des Gerüchtes, daß die Juden an dem Sterben schuld seien. Es hieß, sie hätten die Brunnen und Sode vergiftet. Von Bern, von Zofingen waren Berichte dieser Art gekommen; auch in Solothurn, in Lindau, in einigen schwäbischen Städten habe man solche Verbrechen entdeckt und die Juden verbrannt. Da sammelten sich die Zünfte, mit ihren Bannern zogen sie vor das Rathaus und verlangten stürmisch den Tod der Juden, die Heimrufung der Verbannten. Der Rat, von der Schuld der Juden nicht überzeugt, trat dem Begehren entgegen. Er verstand sich nur dazu, die Verbannungsurteile aufheben zu wollen; die Juden aber sollten in sichere Haft gesetzt, ihr Schicksal durch ordentlichen Rechtsspruch entschieden werden. Das Volk ließ sich beschwichtigen und nahm diese Zusagen an.

Der Rat aber sandte seine Boten nach Benfeld, wohin unter dem Drucke der durchs ganze Land, nicht nur in Basel, leidenschaftlich laut gewordenen Erregung die Stände des Landfriedens von 1345 waren aufgeboten worden. Hier an der Versammlung trafen die Meinungen aufeinander. Die Städte Straßburg, Basel, Freiburg fanden keine Schuld an den Juden. Aber die Fürsten und Herren, Bischof Berthold von Straßburg voran, traten ihnen entgegen; sie überschlugen, wie hoch ihre Schulden bei den Juden stünden, und dachten, diese Last mit einem Rucke los zu werden. Das allgemeine Verlangen des Volkes nach Rache, die Mähr von den Brunnenvergiftungen wirkten mit; es kam zum Beschlusse, die Juden preiszugeben, und damit war allenthalben ihr Schicksal besiegelt.

Vom Wege Rechtens und Urteil konnte auch in Basel jetzt nicht mehr die Rede sein. Der Rat mußte dem Volke nachgeben. Am 16. Januar 1349, einem Freitag, wurden die Juden auf einer der Sandbänke der

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 268. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/287&oldid=- (Version vom 1.8.2018)