Seite:Wackernagel Geschichte der Stadt Basel Band 1.pdf/271

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

beherrschte die Lage; sie war auch den Gesinnungen des Bischofs gemäß. Dieser ließ es geschehen, daß, während der städtische Klerus das Interdict beobachtete, durch die übrige Diöcese, mit Ausnahme des einzigen Rheinfeldens, gesungen und celebriert wurde. Und ebenso schritt in der Stadt dieselbe Behörde, die das Interdict anerkannte und seine Beobachtung schützte, doch nicht ein, wenn einzelne Priester sich darüber hinwegsetzten und die Sakramente Denjenigen reichten, die sie aufsuchten; den Heinrich von Nördlingen ließ man vierzig Tage lang in der Spitalkirche predigen und für die Deutschordensherren Messe sprechen.

Neben diesem Heinrich von Nördlingen, der von Konstanz herkam, weilte damals, in der Fastenzeit 1339, auch der große Johannes Tauler in Basel; er war aus Straßburg gewichen. Beide hatten sich als Anhänger des Papstes nach Basel begeben, um hier eine ruhige Stätte zu finden, und die Briefe, die Heinrich von hier aus der Margarethe Ebner schrieb, sind die schätzbarsten Zeugnisse für den Zustand der Stadt. In schöner Weise stimmt das Wesen von Ruhe und Milde, das in dieser hier sich zusammenfindenden Gruppe von Freunden der Mystik lebte, zu dem die Haltung der Stadt im allgemeinen bestimmenden Geiste.

Da starb Papst Benedikt am 25. April 1342. Er hatte Suspensionen des Interdicts nie erteilen mögen; sein Nachfolger Clemens VI. war auch in dieser Sache der gewandte Politiker. Die Begehren der Basler fanden jetzt Anklang. Clemens hob im Januar 1345 das Interdict für die Dauer eines Jahres auf und verlängerte in wiederholten Gewährungen diesen Termin bis 1. September 1346, sodaß während voller anderthalb Jahre die Stadt Basel vom Interdicte befreit war. Das ist die Zeit, die uns in einer zweiten Gruppe von Mystikerbriefen entgegentritt. Johannes Tauler und Heinrich von Nördlingen schildern, mit welchem Gefühl, mit welchem Aufatmen der Nachlaß der Interdictstrafe begrüßt wird. Der Basler Kirche ist jetzt wieder gestattet, öffentlich vor dem Volke Messe zu lesen und Allen das Abendmahl zu reichen. Wie kommen „die hungrigen Seelen jetzt mit großem Jammer zu Gottes Leichnam, dessen sie in christlichem Gehorsam wohl vierzehn Jahre gemangelt hatten!“

Bei den Suspensionen des Interdicts durch den Papst ist immer von den löblichen Absichten der Basler die Rede; sie machen Miene, zur Obedienz des heiligen Stuhles zurückzukehren; aber es fehlt immer noch an der völligen und entschlossenen Bekehrung. Da sehen wir im März 1346 zwei Basler, den Propst Rudolf von St. Peter und den Official Heinrich von Sursee, am Hof in Avignon auftauchen; es läßt dies auf Verhandlungen

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 252. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/271&oldid=- (Version vom 1.8.2018)