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Papst, den Minoriten Peter von Corbara, der sich Nikolaus V. nannte und dem Avignoneser entgegen in Rom residierte. Daß nun auch in Basel der Klerus auseinanderzufallen begann, erhellt aus den bittern Klagen, die Papst Johann hierüber laut werden ließ. Es ist dabei von einzelnen Bettelmönchen die Rede, die in interdicierten Kirchen Messe lesen. Auch der Abt von Beinwil benahm sich als Anhänger von Nikolaus V.; er erhält von diesem den Auftrag, die geistlichen Strafen aufzuheben, die Jakob von Caturco (damit ist Johann XXII. gemeint) über die Stadt verhängt habe. Was der Chronist als allgemeinen Zustand schildert, fand sich wohl auch hier: „Die eine Kirche, vom Gebot des Interdicts sich freihaltend, öffnete in der Feier der Lobpreisungen Gottes unerschrocken und sicher ihren Mund; die andere, sich dem Interdicte unterwerfend, schloß die dem Herrn singenden Orgeln. Gegenseitig schmähten sie sich, und ein merkwürdiges Mißtrauen trennte sogar singende von singenden, schweigende von schweigenden Kirchen.“

Hiebei ist der Basler Konvent der Barfüßer einer gesonderten Erwähnung wert. Wir begegnen seinen Brüdern im Lauf dieser erregten Jahrzehnte wiederholt als den willfährigsten Söhnen der Kirche, bei den Bischofswahlen 1314 und 1325 wie beim Ungeldstreit 1317; im deutlichen Gegensatze zu der Selbständigkeit, die das Domkapitel, die Prediger, die Augustiner, der Bischof selbst zeitweise behaupten, zeigen die Barfüßer ein ausdauerndes Ergebensein, und dies macht ihre Stellung in allen diesen Bewegungen der Episkopate Gerhards und Johanns zu einer bemerkenswerten. Als das Wichtigste hiebei hat aber zu gelten, daß sie, gleich den Konventen im nahen Neuenburg und in Schaffhausen, das Interdict beobachteten; während die deutschen Minoriten im Großen und Ganzen, durch den Armutstreit mit dem Papste entzweit, der Sache Ludwigs dienten, blieben die Basler Barfüßer dem Papste treu und enthielten sich des öffentlichen Celebrierens. Als 1332 das Provinzialkapitel in ihrem Kloster gehalten werden sollte, bewilligte ihnen der Papst, eine Ausnahme zu machen und trotz dem Interdict Gottesdienst zu halten. So finden wir die Basler Barfüßer immer in derselben Stellung, dem Papste gehorsam, dem von ihm gesetzten Bischof anhangend, das hohe Gefühl kirchlicher Macht ohne Wanken vertretend. Gerade in diesen Jahrzehnten ist der gewaltige Bau ihres Chors aufgeführt worden. Man wird, unter Hinweis auf die allgemeinen Zustände der Zeit, diesen Bau als das Denkmal der soeben geschilderten entschlossenen Haltung der Basler Minoriten ansehen dürfen, als stolzen Ausdruck ihrer Gesinnung und zugleich als Zeugnis des Ansehens

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 242. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/261&oldid=- (Version vom 1.8.2018)