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und daß die Klage, die Bischof Gerhard hierüber beim Papste erhob, von diesem abgelehnt wurde, ist natürlich. Johann XXII. bezeichnete als verwunderlich, daß der Bischof jetzt nicht anerkennen wolle, was er vor wenigen Jahren bewilligt habe. Aber hiebei kam vielleicht noch ein Weiteres in Betracht.

Nach der Mühldorfer Schlacht war im Herbst 1323 der Streit zwischen König Ludwig und dem Papste ausgebrochen. Der Letztere verlangte vom König den Verzicht auf die Reichsgewalt über Italien, und als Ludwig sich weigerte, trat Johann mit der Aufforderung hervor, daß Ludwig die Regierung niederlege und nicht eher wieder aufnehme, als bis er die päpstliche Bestätigung erlangt habe. Am 8. Oktober verkündigte er seinen ersten Prozeß in dieser Sache gegen König Ludwig. Dieser Erlaß war von Avignon auch nach Basel gekommen und hier am Epiphaniastag 1324 im Münster durch Bischof Gerhard verkündigt worden. Eine zweite Bulle des Papstes, mit der gleichen Aufforderung, aber mit der Androhung der Exkommunikation für den Fall des Ungehorsams, wurde sodann am 6. März im Münster proklamiert. Der alte Kanzler König Albrechts, Johann, jetzt Bischof von Straßburg, die österreichischen Herzoge Leopold und Albrecht, zahlreiche Laien und Geistliche wohnten diesem feierlichen Akte bei.

Wenige Tage später starb der Graf von Pfirt, wurde die Vermählung seiner Tochter mit Herzog Albrecht proklamiert, nahm Letzterer die Grafschaft in Besitz. Dies scheint den Bischof auf andere Gedanken gebracht und zur Parteinahme für Ludwig veranlaßt zu haben. Denn im gleichen Briefe, in dem Papst Johann die Klagen wegen Pfirts ablehnte, machte er dem Bischof Vorwürfe, daß er sich mit Ludwig von Bayern in Verbindung gesetzt und von diesem Hilfe gegen die Oesterreicher in Pfirt begehrt habe. Er warnte ihn drohend, weiterhin Einverständnis zu haben mit dem aus der Gemeinschaft der Kirche ausgestoßenen Ludwig. Und schon Tags darauf, am 9. Juni, gab er über den Kopf Gerhards hinweg dem Klerus in Stadt und Diöcese Basel seine Befehle für Publikation der Processe gegen Ludwig, da diese Publikation bis dahin in sträflicher Weise vernachlässigt worden sei.

Aber am 5. Februar 1325 schrieb Papst Johann dem Bischof, er sei verleumdet worden, und lobte ihn „als einen eifrigen Vollzieher der göttlichen Gerechtigkeit gegen Ludwig den Bayern“. Wir kennen die Verhandlungen nicht, die in der Zwischenzeit stattfanden, und der wirkliche Sachverhalt wird kaum mehr festzustellen sein. Daß nach der Einnahme

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 236. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/255&oldid=- (Version vom 1.8.2018)