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Pfirt trat für sie ein. Nur ein einzelner Vorfall aus diesen Streitigkeiten ist uns überliefert, aber er besagt genug; es ist die Tötung des bischöflichen Offizials Richlin, der als Hauptpeiniger der Barfüßer galt, durch Die zur Sonnen.

Was einen Hader von solcher Ausdehnung und jahrelanger Dauer möglich machte, war freilich nicht die vereinzelte Antipathie des Bischofs, sondern der alte, allgemeine Widerwille der Weltgeistlichen gegen die Mendikanten. Es ist bezeichnend, daß gerade jetzt noch ein besonderer Zwist dieser Art zu dem großen Streite hinzutrat. Im Frühjahr 1321 starb eine Tochter des zu St. Leonhard eingepfarrten Bürgers Konrad Helmer, und die Barfüßer bemächtigten sich des Begräbnisses, trugen die Leiche aus Haus und Gemeinde fort auf ihren Kirchhof, verletzten dadurch die Rechte des Leonhardsstifts. Dieser klagte beim Bischof, und da die Barfüßer sich weigerten, die ihnen auferlegte Rückerstattung der Leiche und Vergütung des Schadens an das Stift zu vollziehen, so erfolgte wiederum Verhängung des Interdicts über alle Orte, an denen sich Barfüßer aufhielten; und diesem neuen Interdicte trat sofort ein weiteres zur Seite als Folge davon, daß in eben demselben Begräbnisstreit der Bruder der Verstorbenen, Johann Helmer, einen Chorherrn von St. Leonhard verwundet hatte.

„Ueber drei Jahre dauerte diese Verfolgung“, seufzt der Barfüßerchronist. Endlich, auf Pfingsten 1321, nahm sie ein Ende, durch eine Bulle des Papstes, in der dieser das Interdict aufhob und die Gebannten absolvierte. Am 2. Juni traf sie in Basel ein und wurde bei den Brüdern begrüßt als „eine von Gott gesandte Botschaft.“ Friede und Versöhnung war die Folge, durch die ganze Stadt herrschte Freude, lobpreisend öffneten die Barfüßer wieder die Tore ihrer Kirche zum Gottesdienst.

Am 11. März 1324, dem Sonntag Reminiscere, starb zu Basel der letzte Graf von Pfirt, Ulrich. Er ward in der Gruft zu Thann bei den Barfüßern eingesenkt, und alles Volk der Grafschaft wartete auf die Boten des Bischofs von Basel, die nun, nach dem Ausgang des Herrscherhauses, das Land in Besitz nehmen sollten. Da ward bekannt, daß des Grafen Tochter Johanna den Herzog Albrecht von Oesterreich heirate und die Herrschaft diesem zufalle.

Noch am 8. Februar desselben Jahres hatten Bischof und Domkapitel, ohne Zweifel in Kenntnis dieser österreichisch-pfirtischen Abmachungen, ausdrücklich beschlossen, daß kein Lehen ihrer Kirche veräußert werden könne. Die Heirat und der Uebergang der Herrschaft an Oesterreich geschah dennoch;

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 235. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/254&oldid=- (Version vom 1.8.2018)