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Diese Erweisung ist nichts Vereinzeltes. Sie fügt sich ein in eine Reihe gleichartiger Privilegien, die König Rudolf im Laufe der 1280er Jahre zahlreichen Städtlein geistlicher und weltlicher Herren auf Bitte der Letztern zu Teil werden ließ. Die Befreiung mit dem Rechte einer nahen Reichsstadt und die Verleihung eines Marktes kehrt hier immer wieder, bei Pruntrut, bei Sulz, bei Ravensburg, Wangen, Memmingen, Kaufbeuren, Bergzabern, Veldenz usw. Es ist stets Dasselbe. Wenn dabei der König gelegentlich sagt, daß er die Freiheiten erteile, mit denen Kaiser und Könige neue Festen, novas munitiones, zu freien pflegten, so kann dies auch bei Kleinbasel zutreffen.

Hinsichtlich der Rechte und Freiheiten Colmars, die jetzt Kleinbasel gegeben wurden, ist kaum an das ganze Recht Colmars, zumal das Privatrecht zu denken. Vielmehr zeigt eine Rechtsbelehrung, die der Rat von Colmar den Baslern 1340 hierüber erteilte, um welche Rechtssätze es sich hauptsächlich handelte: ein Bürger, der stirbt, soll ausschließlich durch seine Nächsten beerbt werden, d. h. herrschaftliche Ansprüche auf Sterbfall und Besthaupt sollen nicht bestehen; Keiner kann mit dem Zeugnis eines Solchen überführt werden, der nicht seines Gleichen ist; Herrschaftsleute, die in die Stadt ziehen und während Jahr und Tag von ihren Herren nicht zurückgefordert sind, werden ihrer früheren Pflichten frei und Bürger der Stadt. Der letzte Satz enthält das Wichtigste. Eine Gründungsstadt wie Kleinbasel sah sich auf Freiheit und Leichtigkeit der Zuwanderung angewiesen, und es kann nur auffallen, daß diese Vergünstigung, die schon im Freiburger Gründungsstatut enthalten ist, ihr nicht schon früher zu Teil wurde. Sie war wohl unterblieben aus Rücksicht auf benachbarte Herrschaften, und solche Rücksichten bewogen auch jetzt noch zu einer Einschränkung der Rechte: Leute der Herzoge Albrecht und Rudolf von Oesterreich und des edeln Herrn von Röteln sollten nur nach bisherigem Recht aufgenommen werden, d. h. ihre Herren sollten sie jederzeit zurückfordern können. Soweit es sich hiebei um Oesterreicher Hörige handelte, war diese Bestimmung das Gegenrecht zu der durch Rudolf im Jahre zuvor, 1284, dem Bischof gegebenen Zusicherung hinsichtlich der österreichischen Stadt Delle und der Hörigen der Basler Kirche.

Die Verleihung des Donnerstagsmarktes brachte der Stadt ohne Zweifel erheblichen Vorteil. Doch fiel Dasjenige, was sonst bei Marktgründungen an rechtlicher Gestaltung zu beobachten ist, hier wohl weg, wo eine schon fertige Stadt den Markt erhielt. Die Wirkung konnte in der Hauptsache nur eine wirtschaftliche sein.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 203. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/222&oldid=- (Version vom 13.5.2018)