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Die große Mehrzahl aber sind die einzeln Genannten. Von der frühesten Vertreterin dieser Menschenklasse an, jener andächtigen Begine, die sich im Jahre 1282 erhängte, nachdem sie dreißig Jahre lang zu Basel den Habit getragen, begegnen wir zahlreichen Frauen, die dazu gerechnet sein wollen; auch bei ihnen fließen die Bezeichnungen Schwester, Konverse, Begine völlig durcheinander. Sie haben sehr verschiedene Lebensstellungen; sie sind Witwen, oder ausgediente Köchinnen geistlicher Herren, oder Mägde in Bürgershäusern. Auch davon, daß sich ihre Handarbeit zu eigentlichem Gewerbebetrieb erhebt, ist bei Beginen die Rede; in dieser Beziehung mögen sie mit den die Wollweberei treibenden Humiliaten Oberitaliens verglichen werden; es ist namentlich an die Weberinnen und Schreiberinnen unserer Basler Urkunden zu erinnern, die vielleicht Beginen waren. Daß nun aber neben diesen dürftigen Formen nicht wenige Fälle genannt werden, wo die Begine als eigentliche Geschäftsfrau mit Geld und Gut auftritt, darf uns nicht überraschen; denn die Quellen zeigen uns auch hier eher Ausnahmen als die Regel. Ein armes Leben hinterläßt keine Urkunden und vergeht unbezeugt, während die Bela von Liestal, die Agnesa Bruperin, die Hemma von Altkirch, die Gerina Hirnapussin, vor allem aber die vielgenannte Anna Schachternellin, sämtliche Konversen oder Beginen, mit ihren Güterkäufen, mit ihrem Besitz von Häusern in der Stadt und von Weinbergen in Oetlingen, Haltingen, Binzen usw. vom Ideal der seligen Armut allerdings weit ab zu stehen scheinen.

Neben den Beginen schuf jene Zeit auch Begharden, neben den Beginensammlungen auch Männergenossenschaften. Der dritte Orden umschloß auch Brüder. Aber die Quellen sagen wenig von ihnen. Als die Prediger 1302 ein großes Provinzialkapitel zu Basel hielten, waren dabei auch achtzig anwesend, die der Annalist, über ihre Natur offenbar selbst im Unklaren, als Conversi oder als Begharden oder als Mönche ohne Kloster bezeichnet. Die Erwähnung des Schneiders Ludwig, eines Konversen in einem Häuslein bei St. Leonhard, läßt eine kleine stille Existenz vermuten.


Diese ganze Basler Kirchenwelt stand in den engsten Beziehungen zu einer verwandten Welt außerhalb der Stadtmauern.

Doch ist hier nicht von der Universalität der Kirche zu reden, von der Wirkung der einen zentralen Gewalt, die durch Alles hindurch ging bis zum niedersten Organ, nicht von den großen, jeder örtlichen Zugehörigkeit entgegentretenden Ordenszusammenhängen.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 180. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/199&oldid=- (Version vom 1.8.2018)