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Es ist recht eigentlich das Wurzeln in Gewohnheit und Anschauung dieser Bevölkerungsklasse, das den Herren von St. Peter ihre Eigenart gibt. In der merkwürdigen Mischung dieses Wesens wirken der Geschäftssinn und die Freude am Leben viel stärker als alle kirchliche Weihe, als die doch den höchsten Dingen geltende Tätigkeit. Durch alle Zeugnisse geht diese Stimmung. Die Wohlhabenheit einzelner Kanoniker, die in Testamenten offenbar wird, sowie die ganz unbefangene Nennung ihrer Söhne und Töchter sprechen dafür. Auch die Bepflanzung des Platzes vor der Stadtmauer mit Bäumen 1277, die Aufsehen machte, ist Ausdruck solcher Gesinnung; die Kanoniker schufen hier nicht nur sich, sondern mit der Geberde vornehmer Herren zugleich allem Volk einen Lustgarten.

Neben St. Peter und im Gebiete seiner Parochie bestand die St. Andreaskapelle, als alte Gründung der Bischöfe deutlich bezeugt, wie auch ihr Kollaturrecht den Bischöfen zustand. Sie heißt stets Kapelle. Aber sie scheint Rechte einer Pfarrkirche besessen zu haben; denn sie hatte einen Kirchhof, wie in späterer Zeit so vielleicht schon frühe auch einen Glockenturm, und besaß eigenes Vermögen, war wirtschaftlich selbständig. Doch ist ihr Verhältnis zur Gemeindekirche St. Peter nicht klar. Ihr Kaplan wird gelegentlich unter den Chorherren gefunden.

Die erste Nennung von St. Andreas fällt in das Jahr 1241. Aber die Kapelle entstand jedenfalls viel früher. An die Zeit der Besiedelung dieses Stadtteiles ist zu denken; wie St. Peter vorzugsweise die Kirche der Kaufleute und der Burgergeschlechter war, so hatte St. Andreas Beziehungen zu den Krämern. Sie stand mitten in deren Quartier, und der später sich zeigende enge Zusammenhang der Krämerzunft mit St. Andreas weist auf alte Zustände zurück.

Im Jahre 1296 wurde St. Andreas durch den Bischof dem Petersstift übergeben und einverleibt; die Absicht hiebei war, durch Zuwendung des beträchtlichen Vermögens der Kapelle dem Mangel leidenden Stift aufzuhelfen.


In den bisher betrachteten Gestalten hatte eine ältere Zeit der Kirche ihre Formen gefunden. Aber im gleichen Jahre, da St. Peter in Basel zu einem Stift erhoben und damit diese frühere Schicht geschlossen wurde, begann etwas völlig Neues.

Es gehört zur überreichen Belebtheit der Zeit Heinrichs von Thun, daß in ihr auch die Bettelorden hier eine Stätte fanden. Ein neuer Geist, eine neue Art von Arbeit an den Menschen kam mit ihnen.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/164&oldid=- (Version vom 1.8.2018)