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die Befugnis zur Sakramentsverwaltung und Seelsorge. Diese lag zunächst jedenfalls in der Hand des Propstes als Vorstehers des Stiftes, als sein Stellvertreter hiebei mochte der Custos funktionieren; seit 1291 sodann begegnet uns ein für diese Obliegenheiten besonders bestellter Pfarrer, plebanus. Auch der Begriff des Pfarrsprengels hat sich in solcher Weise erst allmählich entwickelt. Ein Bedürfnis zu genauer Umschreibung lag noch gar nicht vor, solange die Besiedelung eine lichte war; aber mit der Zeit ergaben sich Schwierigkeiten. Nicht mit St. Alban, dessen Sprengel die feste Grenze des Birsigs besaß, wohl aber mit St. Peter, an dessen Kirche sich gleichfalls eine Gemeinde angeschlossen hatte. Die beiden Kirchen spendeten allenthalben und durcheinander die Sakramente; der Zustand war anstößig und den Kirchen selbst wie den Gläubigen nachteilig. So griff denn der überall fördernde und Klarheit schaffende Bischof Heinrich von Thun auch hier ein; am 14. September 1230 zog er zwischen den Parochieen St. Leonhard und St. Peter eine feste Grenzlinie. Alle Häuser in der Spalengasse (Spalenberg) auf der Seite gegen St. Peter vom Tor (Schwibogen) an bis zu den obern Schalen, und ebenso vor dem Tore, ferner die Sattelgasse bis zu dem Bächlein gegen den Kornmarkt hin, sowie alles was unterhalb d. h. rheinwärts von dieser Linie liegt, sollen zu St. Peter gehören, alle Häuser oberhalb dieser Linie aber zu St. Leonhard. Diese Grenzbestimmung hat von da an Geltung gehabt und durch die Jahrhunderte bewahrt; mit Dankbarkeit feierte St. Leonhard in seinem Anniversarienbuch den Bischof Heinrich als Schöpfer der Parochie.

Endlich der Bau. Die Größe und Mächtigkeit der Anlage geht über das Klosterbedürfnis weit hinaus, deutet auf etwas Schloßartiges. So vermögen wir in der Tat die alte Tradition vom Schlosse Wildeck im Leimental, das hier gestanden haben soll, nicht ganz zu verwerfen. Es ist zu beachten, daß, wenn der Berg völlig unbebaut gewesen wäre, der Erbauer der Kirche diese über den Abhang, an den dominierenden Punkt gestellt hätte; an diesem Punkte stand wahrscheinlich die Burg, die dann zum Stiftshause gemacht wurde.

Wir wissen nichts Bestimmtes von diesem Bau. Nur eine romanische Krypta unter dem heutigen Chor darf als Zeuge des alten Zustandes gelten und als Beweis, daß die Kirche schon damals an dieser Stelle stand. Eine Reihe romanischer Architekturstücke und Skulpturen haben sich überdies als Trümmer gefunden und ermöglichen einen Schluß auf ansehnliche Baulichkeiten, ohne aber im Einzelnen Aufschluß zu geben. Auch die Urkunden reden nur von allerhand Detail; sie nennen Altäre der Kirche,

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/157&oldid=- (Version vom 1.8.2018)