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wurde dann Dompropst und starb als solcher, nachdem ihm der Versuch, auch noch Bischof zu werden, mißglückt war, hochbetagt als der Letzte seines Geschlechtes im Jahre 1316. Auch der Domherr Rüdeger von Kienzheim ist der Erwähnung wert; man bewunderte seine Redekunst, seine ausgebreitete Gelehrsamkeit, aber auch seinen Reichtum, der ihm möglich machte, das St. Martinsstift in Colmar, dessen Propst er war, mit einem prachtvollen Stiftshause samt Kreuzgang zu beschenken. Endlich der von Spechbach, der „bei seinen Zeiten wohl und köstlich lebte“, dessen Seele aber nach dem Tode jammernd und von bösen Geistern gepeinigt in seinem Domherrnhause erschien.

In der Regel rekrutierte sich das Domkapitel aus der Ministerialität, sowie überhaupt aus dem Adel dieser Lande; aber auch Grafensöhne saßen darin: Berthold von Pfirt, Heinrich und Otto von Neuenburg, Hermann und Werner von Tierstein, Wilhelm von Toggenburg, Ulrich von Kiburg, Albrecht und Rudolf von Habsburg.

Bei den Domkaplänen ist das Bemerkenswerte ihre Masse. Im Münster selbst bestanden zahlreiche Kaplaneien; zu diesen kamen die Pfründen all der über den Burghügel zerstreuten Gotteshäuser, gesellten sich ferner die mannigfachen Dienste in den Hofhaltungen von Bischof und Domherren. Diesen Schwarm von Klerikern aller Art und Gattung, von Schreibern, Verwaltern, geistlichen Beamten mehrten noch die Scholaren, deren Jeder der hohen Herren zu persönlichen Geschäften und Dienstleistungen um sich hatte. Aus dem ganzen wirren Haufen heben wir nur Einen hervor, den Bruder Hartung, einen Barfüßermönch, der als solcher durch Bischof Heinrich von Isny in diese Kreise gebracht und zur angesehenen Stelle eines bischöflichen Kaplans erhoben wurde; er behielt das Amt auch nach Heinrichs Weggang; seine Bedeutung für uns liegt darin, daß durch ihn jene wichtige Sammlung von Urkunden des Bistums zusammengestellt wurde, die neben anderm das berühmte Bischofsrecht gerettet hat.

Eine Sache für sich und unter allen Instituten dieser eigenartigen Welt auf Burg dasjenige, das dem täglichen und profanen Leben der Unterstadt am nächsten trat, war das geistliche Gericht. Die geistliche Gerichtsbarkeit war ursprünglich allein Sache des Bischofs; vor ihr Forum gehörten alle Klagen gegen Geistliche, auch in Civilsachen, alle Streitigkeiten um kirchlichen Grundbesitz, und die Kirche strebte naturgemäß danach, die Kompetenzen auszudehnen, auch gewisse Verbrechen und weiterhin Civilrechtssachen überhaupt vor sich zu ziehen. Sie trat in Konkurrenz mit dem weltlichen Gerichte; der Kampf hierüber war ein allgemeiner und durch die

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 123. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/142&oldid=- (Version vom 1.8.2018)