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Darlehen; noch 1223 mußte Heinrich von Thun den Juden Zins zahlen und den Schatz seiner Kirche als Pfand in ihren Händen lassen. Auch die Deutschritter von Beuggen waren Schuldner eines Juden zu Basel, und ebenso, mit schwerlastenden Zinsen, die Marbacher Stiftsherren. Von den Geldgeschäften mit Laien dagegen verlautet in unsern, ihrem Ursprunge nach meist nur kirchlichen Quellen nichts.

Die Wohnungen der Juden finden wir an einer Stelle der Stadt vereinigt, am Rindermarkt, vereinzelt auch in der Nähe am Kornmarkt und in der Winhartsgasse. Nirgends sonst werden sie erwähnt, und es scheint in der Tat hier ein Ghetto gewesen zu sein. Erst eine spätere Zeit zeigt uns Judenhäuser auch in andern Gegenden der Stadt.

Von einem Thorbogen ist die Rede, der vielleicht die Niederlassung schloß, deutlicher von ihrem Hauptgebäude, der Synagoge. Die Zahl der hier beisammen stehenden Häuser war zwölf, das größte darunter der Mannenhof, so genannt nach dem reichen Juden Salman Unkel, der das Gesesse 1284 von der Ritterfamilie Reich gekauft hatte. Dieses Alles stand in der Parochie von St. Leonhard, und dieses Verhältnis äußerte sich in Verschiedenem. Vorab in einem Aufenthaltsgeld, das die Juden jährlich, und zwar bezeichnenderweise am Weihnachtsabend, dem Stift zu entrichten hatten; es betrug für das ganze Judenviertel insgesamt 35 Schillinge und hatte den Namen eines Zehnten, welcher Name noch an die alte rein landwirtschaftliche Beschaffenheit dieser Gegend erinnert und wohl auf ein Zehntrecht der Pfarrei St. Leonhard weist. Ein im Mai 1293 zwischen dem Stift und der Judengemeinde geschlossenes Abkommen regelte dieses Verhältnis aufs neue, nachdem zwei Jahre lang die Gebühr durch die Juden versäumt worden war. Ein weiteres Recht, das dem Stift aus diesem Wohnen der Juden in seiner Gemeinde erwuchs, bestand darin, daß es jederzeit befugt war, von ihnen ein zinsfreies Darlehen von fünf Pfund auf Zeit eines halben Jahres zu verlangen.

Die Ergänzung dieser Judengasse war der Judengottesacker, vor der Stadt im Arsclaf, neben dem Garten der Custodie von St. Peter, dem spätern Petersplatze, gelegen. Seine früheste Erwähnung fällt ins Jahr 1264.

In solcher Weise zeigt sich uns die Judenschaft als eine sowohl religiös als rechtlich geschlossene und organisierte Gemeinde; doch erfahren wir nichts von ihrer Organisation. Wir vernehmen nur die Namen einzelner Juden, des Johann Vivelman, des Moses von Rheinfelden, der Guta von Neuenburg, des neben der Synagoge wohnenden Meier, der

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/132&oldid=- (Version vom 24.7.2016)