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Namentlich die Kaufmannswelt mußte einer beständigen und starken Bewegung dieser Art unterworfen sein. Und gerade ihr Leben entzieht sich beinahe ganz der Wahrnehmung. Bei ihr finden wir die Beherrschung der fremden lebenden Sprachen am frühesten bezeugt. Für sie hauptsächlich kam nun auch die Einwirkung des durch die Kreuzzüge erschlossenen Orients in Betracht. Mit dem Import von Cyperwein, mit dem Bekanntwerden neuer Tiere, seltsamer gefiederter Hühner und Tauben, Fasane, Kamele usw. , die über Meer in unsere Gegenden gebracht wurden, zeigte sich eine neue Welt; die Produkte der orientalischen Industrie, die Gewürze, die Medikamente und Parfümerien kamen jetzt zum ersten Mal oder doch in einer bisher nicht gewöhnlichen Menge herüber.


Von dieser ganzen Laienwelt abgesondert steht die Judenschaft. Ihre Existenz ruht auf einem seltsamen Gemenge von Verworfensein und Unentbehrlichsein.

Die Juden waren nicht Volksgenossen und waren Feinde der christlichen Religion, aber weder Fremde noch Ketzer; vom allgemeinen Rechte ausgeschlossen, aber mit einem Sonderrechte privilegiert; ein Gewerbe treibend, das die Kirche verdammte, aber bei seiner Ausübung von der Kirche so gut gebraucht wie von den Laien.

In früherer Zeit war ihr Geschäft der Warenhandel gewesen, bis die einheimischen Kaufleute sie hieraus verdrängten. Damit wurden die Juden auf das Gebiet gewiesen, das seitdem vor allen ihnen vorbehalten geblieben ist. Sie wurden zu Trägern des Geld- und Pfandleihgeschäfts, zu Kreditgebern; sie liehen gegen Zins und Zinseszins, weil das kirchliche Zinsverbot für sie nicht galt. Sie waren die anerkannten Wucherer und erhielten mit dem Privileg dieses Gewerbes auch dessen Gehässigkeit.

Die Konkurrenz, die ihnen früh auf diesem Gebiete begegnete, ist hier nur kurz zu erwähnen. Die Gawertschen aus Südfrankreich und die Lombarden, die in späterer Zeit hier viel von sich reden machen, treten schon im dreizehnten Jahrhundert auf; neben dem Wechselgeschäfte trieben sie gleich den Juden Zinswucher. Daher ein Basler Synodalstatut verbot, Häuser der Kirche an Gawertschen und andere Wucherer zu vermieten, und die Beerdigung eines solchen Gawertschen auf dem Barfüßerkirchhof 1278 als ein öffentlicher Skandal empfunden wurde.

Als Kreditoren der Basler Bischöfe werden hier die Juden zuerst genannt. 1213 war der Jude Meier im Pfandbesitz des bischöflichen Ringes und eines Seidentuches für ein dem Bischof Lütold gemachtes

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/131&oldid=- (Version vom 17.7.2016)