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Basels an dem großen allgemeinen Besitz der deutschen Heldensage, wie sie durch die Namen Irinc, Gelfrat, Ermenrich, Elegast, Sintram, Wielant und die Skulpturen in der Crypta und dem Chor des Münsters gegeben werden, tritt hier in bemerkenswerter Weise das persönliche Empfinden und Handeln Einzelner.

Nach Konrad Fleck, dem Dichter der anmutvollen Erzählung von Flore und Blancheflur, ist der namhafteste höfische Dichter Basels, den Zeitgenossen Walther von Klingen weit überragend, Meister Konrad von Würzburg. Seine Lebensumstände sind freilich nicht deutlich erkennbar. Er wird ein Fahrender genannt, und als ein solcher kam er nach Basel, wo er an der Spiegelgasse (heute Augustinergasse) wohnte und 1287 starb. Hier nun fand er jene Gönner, die ihn zur Arbeit ermunterten und seine Werke belohnten: die Domherren Lütold von Röteln und Dietrich am Ort, den Ritter Peter Schaler, vor allem aber die Burger Johann von Arguel, Heinrich Merschant, Arnold Fuchs, Johann von Bärschwil, Heinrich Iselin. Sie haben ihm Liebe getan, rühmt Konrad, mit ihrer Gnade, mit ihrer Mildigkeit Sold ihm geholfen; auf ihren Wunsch geschieht es, daß er die schönen Legenden von Silvester und Alexius und Pantaleon dem Latein, den großen Roman von Partonopier und Meliur dem Französischen nachdichtet; bei der letztern Arbeit steht ihm Heinrich Merschant helfend zur Seite, welcher der beiden Sprachen Hort hat. In Worten voll warmen Gefühles weiht der Dichter diesen Gönnern und Freunden seine Schöpfungen, wünscht ihnen die Wonnen ewiger Seligkeit, verheißt ihnen, daß man ihrer gedenken werde, so lange diese Dichtungen leben.

Das Wesentliche aber, das diesen Stand auszeichnete und als solchen zusammenhielt, war der Sitz im Rate.

Hiefür wird auf schon Gesagtes verwiesen. Seit Heinrichs von Neuenburg Zeit scheint die Zahl von acht Ratsherren aus den Burgern als Norm zu gelten; die Burger besaßen damit das Übergewicht neben dem Bürgermeister und den vier Ratsherren von Rittern.

In solcher Weise vereinigte Gleichheit im öffentlichen Recht die beiden Stände. „Ritter und Burger haben der Stadt Ehre geschworen“ sagt König Rudolfs Stadtfriede. Gedeihen und Ansehen des gemeinen Wesens ruhten auf ihnen. Dem entsprach eine Gleichheit der sozialen Stellung. Eine schärfere Abgrenzung der Burger gegen unten, ein engeres Zusammenhalten mit den Rittern scheint zu der Zeit sich bemerkbar zu machen, da die Handwerker in das öffentliche Leben eintreten, durch Heinrich von Neuenburg herangezogen und begünstigt werden. Die Burger begannen

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/110&oldid=- (Version vom 5.7.2016)