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ausgelassen, daß "sie nirgendwo sonst gefunden werde". Damit hat auch er sein Bewußtsein zum Ausdruck gebracht, es handle sich darum, nicht allgemein bekannte, sondern geheime Dinge zu enthüllen. Daß er die mitgeteilten Tatsachen als neu und geheim erkannt hat, ergeben auch seine oben wiedergegebenen Angaben zum Protokoll des Untersuchungsrichters vom 27. August 1929. Es sollte danach also dem Reichswehrministerium etwas vorgehalten werden, was in der Öffentlichkeit noch nicht bekannt war. Darin liegt das Einverständnis des von Ossietzky, daß ihm die "Neuheit" der Tatsachen oder ihre bisherige Geheimhaltung bekannt war. Der Angeklagte war auch Pazifist. Mit der Erwähnung dieser Tatsache soll zu dieser Weltanschauungsfrage keine Stellung zu Ungunsten der Angeklagten genommen werden. Sie rechtfertigt aber psychologisch den Schluß, daß der Angeklagte mit dem fraglichen Artikel "antimilitärisch" wirken wollte, und unter diesem Gesichtspunkt ergibt sich zwanglos der Wille des Angeklagten, etwas von der Militärverwaltung geheim Gehaltenes aufzudecken.

Der Angeklagte von Ossietzky ist daher im Gegensatz zur Auffassung der Reichsanwaltschaft, die seine Verantwortlichkeit aus § 20 Abs. 2 des Preßgesetzes entnimmt, - als Täter nach § 1 des § 20 a.a.O. und zwar als Mittäter des Kreiser im Sinne des § 47 StGB. angesehen worden, denn er hat im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit Kreiser gehandelt.

Gegenüber dieser Schuldfeststellung versagen die sämtlichen Einwendungen der Angeklagten. Wenn sie sich mit ihren Verteidigern darauf berufen, sie seien juristische "Laien" und als solche der Ansicht gewesen, sie hätten das, was sie gesagt haben, sagen dürfen, so ist ein solcher Irrtum ein unbeachtlicher Strafrechtsirrtum.

Fehl geht auch der weitere Einwand, der zu Anklage gestellte Aufsatz, wie auch der seine Fortsetzung bildende weitere Artikel "Atemnot der Luftfahrt" [WS 1]enthielte lediglich etatskritische Ausführungen und nur solche seien von ihnen bezweckt worden. Darauf ist zu sagen: Gewiß sind in beiden Artikeln auch Etatskritiken oder Betrachtungen budgetärer Art enthalten. Allein auch bei Gelegenheit einer öffentlichen Etatskritik können militärische Geheimnisse verraten[WS 2] werden. Ein erlaubter Zweck kann die Benutzung eines verwerflichen Mittels nicht rechtfertigen (Urt. des RG. vom 15. März 1927 - 7 J 137/26). Die Angeklagten wollten aber nicht nur eine Etatskritik bringen, sondern sie wollten auch militärisch geheime Dinge als einen Verstoß der Heeresverwaltung oder Heeresleitung offenbaren

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: "Atemnot der Luftschiffahrt".
  2. Vorlage: verboten
Empfohlene Zitierweise:
Reichsgericht: Urteil im Weltbühne-Prozess, AZ: 7 J 35/29 – XII L 5/31. Leipzig 1931, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:WBUrteil25.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)