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Verschiedene: Wünschelruthe


Fürst die Kunst pflegen und unterstützen kann; wir wollen noch immer muthig hoffen daß ihm mehrere folgen werden, daß neben so manchen andern Wünschen auch dieser, den gewiß alle Besseren im Vaterlande haben, nicht unerfüllt bleiben werde.

– t.



Auch die Kunst der gegenwärtigen Zeit, ihre Leistungen und Aussichten nicht über der älteren zu vergessen[WS 1], werden wir selbst durch ihr Zurückkehren zu dem Geiste der letzteren angemahnt; in diesem Augenblicke erinnert uns noch besonders daran ein Fragment aus einem Briefe aus Rom, von einem der vortrefflichsten Landschaftmaler unserer Zeit, das, uns zur Einrückung gefällig eingesandt, in unserem letzten Blatte stehen möge wie die freudige Hoffnung einer schönen Zukunft.

Rom.

Die drei Cartons von Cornelius aus dem Paradiese des Dante und einer von Overbeck aus dem Ariost übertreffen alle Erwartung; hier genügt keine Beschreibung, man muß es sehen um über den Triumph des neuen Beginnens jauchzen zu können. Auch hat Schadow mehrere herrliche Porträts gemalt, wie aus guter alter Zeit gefärbt, und mit dem größten Geschmack und Verstand geordnet; auch Veith der jüngere nebst Schnorr gehören zu den vortrefflichsten Künstlern unserer Zeit. Einen h. Michael von Ekkers, – schöneres hat an Malerei, Farbe, Behandlung die neuere Zeit nicht hervorgebracht, und kein früherer Künstler hat besser gemalt. Es ist ein wahrer Segen unter die Teutschen gefahren, ich kann Dir nicht beschreiben wie sich Alles rührt und glüht etwas vortreffliches zu bewirken und einer dem andern es zuvor zu thun. Die Italiäner, das heißt die besseren, sagen jetzo schon: non ce altro chè gli Tedeschi. – Ruhl hat ein schönes Bild verfertigt, es stellt die Anbetung der Weisen vor, es ist ein herrliches Gemälde voll von Vortrefflichkeit, welches noch nach Jahrhunderten seinen Platz behaupten wird; dieß ist nicht zu viel gesagt, und nicht allein meine, sondern vieler Leute Meinung und Behauptung; es sind Sachen darin die man gar nicht besser machen kann.


Proben aus Ferdinand’s Tagebuche.
III.

Man muß Ihnen wohl mit Lust zuhören, wandte sich Ferdinand zu Auguste und Emilie, (welche im enthusiastischen Lobe des akademischen Lebens gewetteifert hatten), wenn Sie die Freiheit mit so edlem Feuer erheben und preisen; sie ist gewiß das einzige Element, in welchem Großes und Vortreffliches gedeihen kann. Allein Sie haben in schönem Irrthum die innere Freiheit als nothwendig aus der äußern Ungebundenheit hervorgehend angenommen, da diese doch nur jene hegen und fördern, nie aber allein erzeugen kann, wie man uns oft bereden möchte. – Was Sie uns nicht tiefsinnige Gedanken unterschieben können, rief Auguste aus, wir dachten nur und sagten nur, daß im Zusammenleben der edelsten Jünglinge, der Blüthe und der Hoffnung Deutschlands und was wir sonst noch an passenden und wohlklingenden Benennungen für Sie und Ihres Gleichen ersinnen konnten, nun, daß unter diesen die äußere Freiheit, wie Sie zu unterscheiden belieben, die erfreulichsten, ja wahrlich die herrlichen Erscheinungen hervorbringen müßte; nein, ich kann mir nichts köstlicheres, nichts wünschenswertheres denken, als eine solche Zeit, ein solches Leben. Ich möchte Ihnen so gern beistimmen, sprach Ferdinand, auch gebe ich in der That mit den schönsten Hoffnungen zurück, obgleich ich nur eben erst in einer eigentlichen, ummittelbar wirksamen Thätigkeit Geschmack an manchem verlieren mußte, das mich früher auf der Universität ansprach. – Darf ich Ihnen aber jetzt noch einige Schatten zu Ihrem lichten freundlichen Bilde geben? – Wir gehören also wohl der chinesischen Malerschule an, fragte Emilie lächelnd. – Gewiß nicht, antwortete Ferdinand, eher möchte ich Sie Geisterseherinnen nennen; Sie wissen, auch Geister sind schattenlos – Und farblos oder doch nebelfarb, wie man mich versichert hat, fiel Anguste ein. Nun, unsere begeisterte Schilderung hat nicht Gnade gefunden vor den Augen des Philosophen, wir müssen uns schon darüber beruhigen, aber geschwind geben Sie uns Ihre Schatten, nur lassen Sie es nicht wirkliche Flecken sein. – Es sind sogar Schattenrisse, sagte Ferdinand, hier in der Brieftasche verwahre ich sie; bevor ich sie zeige, muß ich nur erinnern, daß sie von einem Freunde herrühren, der scheidend von der Universität, wo ihn mancherlei ärgerliche Verhältnisse beengt und gequält hatten, seinen Widerwillen gegen das schaale, unedle Treiben der öffentlichen Gesellschaften, die ihm allein zugänglich waren, wie es ihm in böser Laune dort erschienen war, aussprechen und dann sich aus dem Sinn schlagen wollte. Er legte die Beschreibung eines Festes an, worin sich die Elemente der Gesellschaft, symbolisch angedeutet, bewegen und zeigen sollten. Alles Gute und Schöne, was sich doch natürlich in jedem Verein solcher Art, wenn auch nur als das seltenere findet, wurde geflissentlich ausgeschlossen. Mit Recht versprach ich Ihnen also Schatten, nichts als Schatten. Stellen Sie sich denn nun schnell einen weiten Saal vor, Tische darin mit brennenden Kerzen, hinten ein Büffet; der Wirth, die Aufwärter sind noch allein; jetzt dringen Studenten herein, Bürger folgen, nach und nach füllt sich der Raum mit Gästen aller Art, die sich schicklich gruppiren und beschäftigen: in der zweiten Szene dagegen öffnet sich der Tanzsaal, wo man schon alles in voller Bewegung sieht.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Bezieht sich auf den Aufsatz Ueber altdeutsche Gemälde
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Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 223. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_223.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)