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Verschiedene: Wünschelruthe

Berg und Thal begegnen sich nicht, aber wohl Menschenkinder.




Sehnsucht.







     Oft wollt’ ich mit den Blümchen sprechen,
Die sinnig auf der Wiese stehn -
Es wird das arme Herz mir brechen,
Denn ich muß stumm vorübergehn!

5
     Den Sternlein möcht’ ich es vertrauen

Warum die Wangen mir verblühn -
Wenn sie auch freundlich niederschauen,
Sie müssen schweigend weiter ziehn.

     Und in dem Walde hört’ ich’s rauschen,

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So heimlich flüstert’ es, so lieb;

Mit mir wollt’ es kein Wörtchen tauschen
Wenn ich auch lange schweigend blieb.

     Durch grüne Büsche schlüpft behende
Die kleine Nachtigall und singt;

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Ich fragte, ob ich Antwort fände -

Verstehe nicht was widerklingt. -

     Da wollt’ ich nur das Bächlein fragen,
Das kosend mit den Lüften spricht -
Vielleicht es hörte meine Klagen,

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Doch Antwort gab das Bächlein nicht.


     Ach möcht’ ich doch so gerne sprechen,
Und, keiner keiner hört mein Flehn: -
Es wird das arme Herz mir brechen
Denn ich muß stumm vorübergehn !

Z.




Lose Blätter
zu der Sammlung von Minnesingern gehörig.
Von Benecke.




III.

Unter den Gedichten Walther’s von der Vogelweide, die sich in der Sammlung von Minnesingern erhalten haben, stehen S. 127 drey Sprüche (so hieß bey den Alten was wir jetzt Sonett nennen, nur das die Form oft noch künstlicher, sowie auch mannichfaltiger war, und von jedem Dichter nach eigenem Gutdünken erfunden wurde) auf den König Philipp, die also in dem Jahrzehende vor 1208 geschrieben seyn müssen. Sie haben alle drey dasselbe Versmaß, sind aber keineswegs als drey Strophen Eines Liedes, sondern als drey verschiedene, und in verschiedenen Zeiten verfaßte Gedichte anzusehen. Das erste hat den Zweck die Wahl des K. Philipp zu rechtfertigen, und die Gegner dieser Wahl zu ermahnen, sich für ihn zu erklären. Das zweyte beschreibt, wahrscheinlich in derselben Absicht, einen feyerlichen Zug den K. Philipp zu Magdeburg hielt. Das dritte hält dem Könige auf eine sehr freymüthige Art den Fehler vor, daß er öfter versäume da freygebig zu seyn, wo doch die Klugheit es von ihm fordere. (Eine ähnliche Ermahnung wird ihm in dem Spruche Philippe kunech here S. 113 gegeben).

Bey jedem dieser Gedichte sind historische Erläuterungen nicht überflüssig; da diese aber für das erste und dritte aus gedruckten Quellen genommen werden können, so mag dieß den Lesern unseres Dichters überlassen bleiben, die wir, was ‚den weisen‘ betrifft, der in mehreren Liedern vorkommt,

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Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_185.jpg&oldid=- (Version vom 26.5.2019)