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Verschiedene: Wünschelruthe


größte Aehnlichkeit mit den Arbeiten Hans Hemmelinks; vergleicht man dazu noch dasjenige, welches die Gefangennehnmung Chrsti darstellt, mit dem unbezweifelten Hemmelink (im Besitz des Past. Fochem) der denselben Gegenstand hat, so kann man, da in diesen zwei Gemälden die Aehnlichkeit, bis in einzelne Köpfe und Stellungen, gar zu auffallend ist, kaum mehr zweifeln, daß die Passion ein Jugendwerk dieses Meisters sey. Ueberhaupt finden wir in der ganzen Reihe seinen erstaunenswürdigen Blick in die feinsten und geheimsten Züge der Natur, in alle Charaktere und Leidenschaften wieder. Dagegen ist denn freilich noch eine große Unbekanntschaft mit allen malerischen Effekten sichtbar, wodurch diese Bilder äußerlich viel gegen das erwähnte vortreffliche Nachtstück verlieren. Aber auch dieß erklären wir uns leicht aus Hemmelinks Eigenthümlichkeit, der in der Anschauung der Natur bei weitem mehr vom Einzelnen ausging als Eyck, und dessen Blicke ein großes Ganze nicht so leicht zum Bilde wurde als ein specieller Gegenstand von geringem Umfange; indem wir uns nicht denken können, daß Eyck jemals etwas, von welcher Art es sey, unmalerisch aufgefaßt hätte, und dieß gewiß ohne daß er ein theoretisches Bewußtseyn davon gehabt. Freilich braucht man nur an den h. Christoph und das ganze Gemälde, wozu er gehört, zu denken, um einzusehen in wie hohem Grade sich auch in Hemmelink mit der Zeit dieselbe Fähigkeit entwickelt habe.

(Die Fortsetzung folgt).




Bundesweihe.







Eins, auf ewig nun, und unerschüttert! -
     Ob die Herzen schlagen oder stehn,
Ob der Alpe Fels in Staub zersplittert:
     Dieß vereinte Wir kann nie vergehn.

5
Weg ist alles was uns annoch zweyte,

     Das geschiedne Ich und Du, dahin;
Denn in tief geheimer Feyer weihte
     Uns des heil’gen Bundes Priesterinn.

B.




Das Kätzchen und das Mäuschen.




(Schluß).

Eines Tags, wie Helene vom Markte kam und an ihrem sonstigen Gewölbe vorüberging, stand der Rattenfänger davor und suchte hineinzusehn. Helene schauerte zusammen und strebte unbemerkt vorüberzugehn. Allein er redete sie dreist an und erinnerte sie, ihm seinen Lohn zu geben. Helene zog an ihrer Geldtasche und wollte ihm reichen, was er fordern würde. Hab’ ich gut gebannt, fuhr er fort, so gebt mir, schöne Helene, einen Kuß von euren Lippen. Da stieß ihn Helene fort, eilte vorüber und rief: darauf soll euch mein Mann Gottfried antworten. Die dunkeln Augen blitzten ihr nach, er murmelte einiges ins Gewölbe hinein und ward in der Stadt nicht mehr gesehn. Von dem Tage an aber gab es in dem Laden wieder so viel Ratten und Mäuse, wie zuvor, und kein Krämer oder Kaufmann konnte es darin aushalten. Als Helene Gottfrieden erzählte, was ihr begegnet war, antwortete er ihr: fürchte dich nicht, liebstes Herz, in deiner Brust steht ein treu Vergißnichtmein, das bannt alle schnöde Zauberei und läßt ihr keinen Eingang frei. Die weißen Mäuschen aber sind doch sehr niedliche Dinger, und nicht mit allen geht es unrecht zu; und so es dich freut, wollen wir wieder ein weiß Mäuschen anschaffen, ich will ihm auch ein Ziergärtlein schnitzen mit einem Milchbrunnen und Bäumen von Rosinenstengeln, so sollen auch weiße und bunte Blumen von Zucker darin seyn und um den Garten soll Wasser rinnen, daß das Mäuschen muß darin gefangen seyn und dir zur Lust dienen.

Aber Helene schlug die lieben blauen Augen zu Gottfried auf, legte ihm die Hand aufs treue Herz, und sprach: ich will keine weiße Maus wieder, Gottfried, und wäre sie noch so hübsch, - aber es wird bald ein andres weißes Mäuschen geben, das wird mein und dein Herz seyn und Gottes Seegen wird’s gedeihen lassen, das soll vor uns in Seinem Himmelslichte spielen.

Des freute sich Gottfried und nahm recht schönes wohlausgetrocknetes Holz zu einer Wiege, und machte dieselbe sehr zierlich und fein glatt; und Helene spann fleißig Garn zu weichem blanken Linnen darüber. Und als die Wiege fertig war, und die Leinwand gewoben, da träumte bald darauf ein süßes Kind gar rosig in der Wiege, und die Aeltern dankten Gott, und nannten’s ihr allerliebstes kleines weißes Mäuschen.




Bruchstück aus Tasso.




Von einer Uebersetzung von Torquato Tassos befreytem Jerusalem durch A. L. Follenius ist (Frankf. am M. bey Eichenberg) der neunte Gesang erschienen; und es ist zu wünschen, daß jemand, der vertraut wäre mit der in seltnem Bunde stehenden Schlichtheit und Zierlichkeit, mit den von weichen Sirenenklängen bis zu starken, strengen Tönen so mannichfaltig spielenden Weisen, mit der herrlichen Begeisterung in beflügelten Worten und Bildern verbunden mit aller Sicherheit der Kunst, kurz mit Geist und Sprache dieses großen Dichters, die Probe einer Uebersetzung, die unserer Litteratur zur Ehre gereichen wird, einer genauen Prüfung unterziehn möchte. Nicht als ob ein ausgezeichneter Werth derselhen sich nicht entschieden ausspräche, auch scheint der Vf. seine Aufgabe bis auf den Grund erwogen, und die

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Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_143.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)