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Verschiedene: Wünschelruthe


ihren guten Hauspropheten und hielten es, so lange es lebte, hoch in Ehren in der neuen Haushaltung, die sie nun bald antraten.

(Der Schluß folgt).




Zwei Lieder aus der Fremde.




2.

     Sonne küßt die Bergesspitzen
Scheidend noch mit glühem Kuß,
Vöglein in den grünen Sitzen
Singet ihr den Abschiedsgruß.

5
     Blümlein schließen ihre Augen

Bergen ihren lichten Strahl,
Aus dem ew’gen Lichtmeer tauchen
Andre auf am Himmelssaal.

     Sonne, Sonne hast geküsset

10
Mich noch nicht mit glühem Mund,

Vöglein, Vöglein hast gegrüßet
Mich noch nicht zur Scheidensstund’:

     Blümlein, Blümlein habt gesehen
Nicht zu mir noch liebeshell,

15
Sterne, Sterne dürft nicht gehen

Auf zum Himmel schon so schnell. -

     Aber Blümlein, Vöglein, Sonnen
Haben meines Rufs nicht Acht,
Ohne Gruß ist mir zerronnen

20
Alles schon in stille Nacht.
Hornthal.




Buchanzeige.

J. G. v. Herders sämmtliche Werke zur schönen Litteratur und Kunst, funfzehnter und sechzehnter Theil; (auch unter dem Titel) J. H. v. Herders Gedichte, herausgeg. v. J. G. Müller, 1ter und 2ter Theil; Stuttgart u. Tübing. bei Cotta 1817.

Wenn man auch den Werth dieses Buchs als das wofür es gegeben „Gedichte“ nicht im höchsten Sinne anerkennen wollte, so muß doch jedem ihr persönlicher und historischer Werth einleuchten. Man sieht ihnen nach kurzem Ueberblick schon an, daß sie in den bedeutenden trüben oder heitern Momenten entstanden, und in ihnen die ganze Gesinnung, das Leben und Herz eines Mannes niedergelegt sind, der in unserm Volke so erregend, wunderlieblich und mild da steht, wie keiner. Er scheint selbst sie großentheils mehr zum eignen Trost und zur Erhebung niedergeschrieben, als für die Welt bestimmt zu haben, es fehlt ihnen daher zum Theil an jener Glättung und Abwägung der Worte die man sonst an ihm gewohnt, vielleicht haben sie aber auch dadurch an Wahrheit und Tiefe des Gefühls behalten, was ja in jenem oft untergeht.

Herder war ein wahrer Lehrer seines Volks. Auf die Begriffe und die Richtung seiner ganzen Zeit hat er auf das außerordentlichste gewirkt, während er im Verhältniß in der Wissenschaft nicht daß größte geleistet, er hat mehr aufgehellt und erregt als neue Bahnen gewiesen. Seinem frischen Gemüthe war jede Richtung des menschlichen Wissens wie jede Individualität zu interessant als daß ihm eine Wissenschaft hätte völlig genügen und ihn erfüllen können. Und das ist bis zum Ende seiner Laufbahn geblieben, er ist nirgends stehen geblieben, glaubend, die Zeitgenossen seien auf Irrwegen, sondern hat überall mit ihnen gelebt, gelernt wie gelehrt.

Es ist wohl keiner gebildet im deutschen Volk, der nicht wenigstens einen gewissen Theil dieser Bildung mittelbar oder unmittelbar ihm zu verdanken hätte.

Diese beiden Bände enthalten außer den übersetzten Gedichten der Italienerin Faustine und mehreren aus fremden Sprachen übersetzten, die eignen, theils schon gedruckte theils unbekannte (meist Jugendgedichte), und diese weisen aufs tiefste diese seine innere Neigung zum Lehren, die Poesie erscheint meist nur als das Element, der goldne Hintergrund worauf sich jenes bewegt; selbst bei den vielen Klagen über trübe Jugend, Vergänglichkeit der Schönheit, Flucht der Zeit, die er doch wohl meist nur zu eignem Trost niederschrieb, ist dieß sichtbar.

tn.




Druckfehler und Verbesserungen.

Nr. 29. S. 114 Sp. 1 Z. 1 v. o. st. Buche, l. Böse
Nr. 29. S. 114 Sp. 1 Z. 16 v. o. st. wunderfreundlichem l. wunderfreundlichen, u. s. öfter.
Nr. 29. S. 114 Sp. 2 Z. 21 v. o. st. Das l. Daß.
Nr. 29. S. 114 Sp. 2 Z. 15 v. u. st. tübte l. trübte.
Nr. 29. S. 114 Sp. 2 Z. 6 v. u. st. Vogage l. Voyage.
Nr. 29. S. 114 Sp. 2 Z. 5 v. u. st. ein l. im.
Nr. 29. S. 115 Sp. 1 Z. 12 v. u. st. Daß l. Dieß.
Nr. 29. S. 115 Sp. 2 Z. 9 v. u. st. hie l. die.
Nr. 29. S. 116 Sp. 1 Z. 11 v. u. st. Schnepperen l. Schnepperer.


Durch ein großes Versehen ist die Angabe von dem alt-kölnischen Gemälde, welches die Geisselung und Dornenkrönung Christi vorstellt, statt der von dem jüngsten Gerichte (Nr. 27 S. 108. Sp. 1.) voranzugehen, nach der von der Geschichte des heil. Sebastian (Nr. 28. S. 112. Sp. 2.) zu stehen gekommen; wenn also im folgenden (Nr. 29 S. 116. Sp. 1. Z. 20 v.u.) „Ein Uebergang von diesem Bilde steht“, und (ebend. Sp. 2. Z. 1. 2. und 8. v.o.) von dem vorigen Bilde die Rede ist, so ist darunter nicht die Geisselung, sondern der heil. Sebastian zu verstehen.

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Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 140. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_140.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)