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Verschiedene: Wünschelruthe


die sich so viel wie möglich auf das Aeußerliche, als das einzig zu Beschreibende, beschränken sollen, etwa von wenigen Andeutungen über die auffallendsten Eigenheiten ihres Geistes und über ihr Verhältniß zu den berübmteren deutschen Malerschulen begleitet. Es kommt unsrer Absicht zu Hülfe, daß noch immer viele Orte mehr von den Werken ihrer heimischen Künstler aufzuweisen haben möchten, als man gewöhnlich glaubt, so vieles auch die stürmische Zeit von dem Boden wo es aufgeblühet in fremde Gegenden verschleudert haben mag. Am meisten einheimische Kunstwerke finden sich wohl ohne Zweifel in Köln, und auch dort scheint uns eine sehr ausgebreitete Malerschule bis in spätere Zeit geblüht zu haben, die aus dem Fortwirken der ganz eigenthümlichen altkölnischen Kunstwerke, in Verbindung mit den Einflüssen der altniederländischen Schule, hervorging, und die bisher wohl zu sehr auf wenige einzelne Namen zurückgeführt worden ist. - Wir folgen mehr einer, wenn gleich nicht strengen, lokalen Ordnung, als einer chronologischen, da das letztere bei so großer Ungewißheit in Hinsicht der meisten Werke unmöglich wäre.

Es kann hier nicht unsere Absicht seyn, die ältesten Ueberreste der deutschen Kunst, in denen der Einfluß des byzantinischen Styls noch augenscheinlich vorwaltet, näher zu betrachten; wir behalten uns dieß für eine andre Gelegenheit vor. Wenn man in die Wallraffsche Gemäldesammlung in Köln tritt, die an diesen frühesten Werken einen großen Reichthum hat, so sieht man bald in wie sehr verschiedenartigen Aeußerungen sich jener Einfluß entwickelt habe. Wir erinnern hier nur an eine Tafel, etwa vom Jahr 800, die, durch kleine Scheinpilaster mit Bogen von zierlich eingelegten Steinen in verschiedne Felder getheilt, aus jedem dieser die Figur eines Heiligen bloß in schwarzen Umrissen auf Goldgrund und mit ausgemaltem Gesichte enthält. Welche unzählige Abstufungen von hier bis auf die heitern und erfreulichen Bilder, von denen der Uebergang zum Kölner Dombilde so klar vor Augen tritt, mag dieses nun entstanden seyn zu welcher Zeit es wolle. Und doch liegt die Anlage zu dieser ganzen Art, wie sie durch lange Zeiten hindurch blühte, bis sie selbst neben der Eikschen Schule herging, schon ganz unverkennbar in jenen frühen Versuchen; die runde Identität der Formen, die Großartigkeit des Faltenwurfs, die gute Zeichnung welche an den Ursprung aus plastischen Vorbildern erinnert, werden wir hier nicht vermissen; selbst die weiche Behandlung der Farben, nur mit merklicher aufgetragenen Lichtern, finden wir in den ausgemalten Köpfen wieder. Dagegen sind manche spätere Bilder, welche den vermuthlich in Byzanz selbst entstandenen näher kommen, weit schärfer und härter, besonders in der Behandlung der Lichter; so daß wir nicht umhin können, jene runde Weichheit für mehr dem Charakter der rheinischen Kunst eigenthümlich anzusehen. Und ein Beweis, wie früh ein freies Umschauen in der Natur bei jenem zu den bildenden Künsten so reich begabten Volke eintrat, liegt darin, daß die auf diese Weise mit seinem Charakter gestempelten Bilder neben ihrer größeren Annehmlichkeit[WS 1] so unendlich wahrer sind, und selbst die Figuren so viel plastischer aus der Tafel hervortreten, als ihre Vorbilder im härteren und schrofferen Styl, bei welchen doch anfangs bedeutendere erhobene Werke vor Augen lagen.

(Die Fortsetzung folgt).




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In Privatbriefen aus London lesen wir, daß nächstens eine sehr interessante neue Reisebeschreibung daselbst erscheinen wird, welche die ganze östliche Hälfte Europens und einen Theil Asiens und Afrika’s, berührt, ja selbst an den Norden herstreift. Der englische Titel ist ungefähr folgender:

Letters of a Prussian traveller, interspersed with numerous personal notes, descriptive of a tour through Sweden, Prussia, Austria, Italy, Turkey, Egypt, Syra etc. etc. by John Bramsen, Esqr. in 2. vol 8. London. 1818.

Man glaubt, daß in London sogleich eine deutsche Uebersetzung davon herauskommen wird. Den Inhalt können wir noch nicht angeben, da der Reisende indes Griechenland, Aegypten u.s.w. durchwandert, so läßt er vermuthen, ja voraussehen, daß Kunstgegenstände, Alterthümer und Denkmäler erwähnt seyn werden. Der Hauptinhalt mag jedoch wohl, wie es scheint, politisch seyn. Die nähere Würdigung des Gehaltes steht freilich noch zu erwarten. Mit Freuden bemerken wir immer mehr einen gewissen magnetischen Zug nach dem Hellenenlande, und hier haben wir gewiß etwas Vorzügliches von Hrn. Wilhelm Müller zu erwarten, auf dessen vorhabende Wanderschaft durch Hellas die Mittheilung in der Frankfurter O. P. Zeitung vom 20 Januar d. J. auf eine sehr erfreuliche Weise aufmerksam machte.

T.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Annehmlichkeiten. Siehe Druckfehler S. 120.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_100.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)