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König auf, ihm zu Santa Leocio di Belvedere, nahe bey Caserta, ein Bad auf diese Art malen zulassen. Der Saal dieses Bades ist 46 Neapolitanische Palmen lang und nach Verhältniß breit; das Bad in der Mitte ist so groß, daß man darin schwimmen kann. Ich bin eben damit beschäftigt; es ist mit Figuren und Verzierungen gemahlt; der Platfond ist völlig fertig und das Wachs ist schon eingebrannt, welches sehr glücklich geraten ist, so daß der König ein großes Vergnügen darüber bezeugte. Der seelige Reifstein würde eine außerordentliche Freude gehabt, wenn er es noch erlebt hätte, daß ich den Plattfond einbrennen lassen.„ - Jetzt, fügt dieser competente Richter noch hinzu, ist diese alte Mahlerey wiedergefunden und man ist sicher, daß es gut geräth. Zu Decorationen in den Zimmern finde ich sie sauber und vortreflich; ob man es so weit bringen könne, gute harmonische Gemählde wie in Oehl darin mahlen zu können, bin ich noch nicht gewiß; dem Mechanischen nach zu urtheilen zweifle ich fast; indeß könnte es seyn, daß man durch große Uebung es dahin brächte.“

Dieser thätige Mann nun, der sich durch seine Kenntnisse den Zeitgenossen schätzbar und nützlich machte, und der durch seine glücklichen Bemühungen, die Künste zu erweitern und zu erleichtern, selbst auf den Dank der Nachwelt Anspruch machen kann, war, nach allen übereinstimmenden Zeugnissen zugleich von einer seltenen Aufrichtigkeit, Güte und Würde des Characters. Er hatte ein sehr glückliches Temperament und eine gute Gesundheit, die er aber niemahls sonderlich achtete: nur in den letzten Jahren, wo ihn das Podagra oft quälte, wurde er etwas besorgter dafür. Wohlthätig, gutherzig, wahrer Freund ohne alle Verstellung, wurde er von lustigen Menschen oft betrogen; aber es gehörte eine sichtbare Frechheit von seiten der Betrüger dazu, um diesen arglosen Mann zu überzeugen, daß es wirklich so falsche und boshafte Menschen geben könne.




Litteratur.




Die Sängerfahrt. Eine Neujahrsgabe für Freunde der Dichtkunst und Mahlerey, mit Beyträgen von L. Tiek, W. v. Schütz, M. v. Schenkendorf, Clemens Brentano u. A. gesammelt von Friedrich Förster, mit Kupfern aus dem Danziger Gemälde: das jüngste Gericht. Berlin 1818 Maurersche Buchh. 4.

Wir gestehen gern daß diese Neujahrsgabe uns sehr erfreut hat. Wir wüßten nicht daß anderswo so viele Dichter in so freundliche Gesellschaft unter sich getreten wären; es ist jedem so sein Platz im Nachen angewiesen, daß keiner unangenehm zu stehen braucht und bei dem Schwanken des Fahrzeugs in Gefahr käme hart aufzufallen und lästig zu werden; die Auswahl der Gedichte ist so glücklich getroffen, auch die Zusammenstellung bei aller anscheinenden Willkühr, daß nicht wie bei den Verwandten des Buches, den Taschenbüchern, der ganze Werth von einem oder zwei Aufsätzchen des Gratulanten in buntem Futteral und mit goldnem Schnitt abhängt, sondern wirklich hat Lust und Liebe hier zur Sache gethan und gesammelt. Daher die unterhaltende Mannichfaltigkeit. Liest man nun, da diese nicht so leicht ermüden läßt, ohne Aufhören ein ziemliches Stück darin fort, so ließe man sichs wohlgefallen jeden Tag im Jahre sein Liedchen hieraus vorsingen zu hören, so wohl wird einem zu Muthe dabei. Darum übersieht man auch gern was hier und da verborgen bleiben sollen, sich aber von selbst, so gut es kann und es der Raum verstatten will, vor dem gutgelaunten Leser versteckt. Das Bedeutendste machen der erste Akt des Donauweibes von Tiek, zwei Erzählungen von Arnim und Brentano und 16 serbische Volkslieder aus. Möchte doch Tieck uns hiermit das Versprechen geben, das ganze Schauspiel einst erscheinen zu lassen. Es ist dieß ein Stoff, der ihm wie keinem Andern zu Gebote steht, da wir ihm, wissen wir uns nur ihm ganz zu vertrauen, das Wunderbare glauben müssen wie Kinder die Mährchen; doch läßt er uns hierin im Vorliegenden nicht ganz so freien Zutritt als wir erwartet hätten. - Arnim erfreut uns mit einem Bilde eben vergangner Zeit, wo die Frauen nur lieben wollen was fürs Vaterland kämpft und ihre Herzen diesen Heldenbund so empfindlich schließen, daß selbst das Geliebte von feindlicher Uniform so entstellt, so entfremdet erscheint, daß erst der Tod, der diese wieder auszieht, ihnen ihre Grausamkeit an jenem kenntlich macht. Besonders treffend und erschütternd ist dieser Augenblick darin, als der gefangene Oberst an den Tisch tritt, Julie ihn halb erkennt, halb es unterdrückt, und nun das Brodt das nur für gemeine Soldaten bestimmt ist, welches sie ihm aber hinreichen wollen, durch einen Wink der Freundin abgehalten wieder aus der Hand legt, welche ihm Leben und Hoffnung errettet hätte; es greift diese Darstellung sicher und tief in die weibliche Natur, welche mehr leidend als thätig grausam erscheint[WS 1]. - Brentano beschenkt uns mit einer Geschichte von reicher, sinnvoller Darstellung. Wir bedauern daß der Dichter so karg mit seinen Produkten wird, erkennen aber zugleich im Publikum die eigne Schuld manches großen Verlustes; doch sollte die Liebe Vieler zu seinen Werken ihm eine spätere allgemeine Anerkennung sichern. - Die Vergleichung der vortrefflichen serbischen Volkslieder mit den deutschen, so weit die Anzahl sie zuläßt, macht uns die unsrigen noch lieber. Wenn diese erscheinen wie die unbewußt offene liegende Menschenbrust, in welcher die Natur selbst athmet um ihre Bedeutung im Menschen zu fühlen, so bricht bei jenen, wenn auch nur durch den heißeren Strahl der Sonne hervorgebracht, mehr thätige Leidenschaft hervor, die schon willkürlicher aber kühn sich die Brust der Natur öfnen will. - Außer diesen wäre noch eine große Anzahl anderer Gedichte anzuführen, die durch Kraft, Anmuth und Lieblichkeit vielfach anziehen und erfreuen, wovon wir besonders die von Bercht, das[WS 2] von Chamisso, welches Volks- und Wiegenlied überschrieben ist: Will auch mit, von Ludwiga

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: graumsamer scheint. Siehe Druckfehler S. 116.
  2. Vorlage: des. Siehe Druckfehler S. 116.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 95. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_095.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)