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Verschiedene: Wünschelruthe

Es ist kein süßer Leid dann Hoffen.




Lied.

     Mit glatten Händen sah’ ich Wellen
Ein Schifflein schnell vom Ufer ziehen,
Ein Wehen ließ das Segel schwellen,
Wie Taubenflügel rauschend fliehen.

5
     Und in dem Kahne schlief ein Knabe

Und lächelte in süßen Träumen,
Von fernem Land, von goldner Gabe,
Von Grüßen unter Blütenbäumen.

     Das Wehen hat ihn still verlassen,

10
Die falschen Wogen wach ihn singen,

Da will er nur das Ruder fassen,
Zurück zum Heimatufer dringen. -

     Ach auf der Hoffnung Schaukelnachen
Wird Liebe leicht in Schlummer fallen,

15
Und findet weinend beim Erwachen

Auf ödem Meer sich hülflos wallen! -

Z.




Reifstein.




(Fortsetzung).

Viele Künstler, die jetzt in ganz Europa zerstreut sind, werden sich noch oft dankbar seiner erinnern, und die väterliche, uninteressirte, ja oft mit Aufopferung verbundene Verwendung rühmen, die sie unter einem fremden Himmel von diesem Freunde der Menschen und der Kunst erfuhren. Unter andern hat sich Seidelmann in Dresden, der durch seine vortrefflichen Zeichnungen nach Gemählden großer Meister und alten Statuen so berühmt geworden ist, vorzüglich durch Reifsteins Aufmunterung gebildet. Seidelmann brachte ihm eines Tages einige Zeichnungen, die er gemacht hatte, als er unter dem Ritter Mengs studirte; Reifstein fand Gefallen an diesen Arbeiten, und verschafte ihm sogleich Arbeit für deutsche Liebhaber nach alten Statuen und Büsten; auch gab ihm Reifstein, der sich immer mit chymischen Versuchen und Mischungen beschäftigte, Anleitung, das Materielle seiner Zeichnungen zu vervollkommnen[1].

Neben seinem theoretischen Studium der Kunst hatte er sich auch selbst mit dem Praktischen, und das nicht unglücklich, beschäftigt. Er mahlte sehr artig, und besser, als gewöhnliche Liebhaber, in Pastell; auch in Oehl und auf enkaustische Art; ja er modellirte sogar mit Glück in Wachs und Thon. Er selbst sagte immer nur, daß er mit den Künsten spiele. Diese eignen Versuche in der Ausübung der zeichnenden Künste hoben ihn natürlich als gelehrten Kenner und Beurtheiler derselben weit über die mehresten, die sich


  1. Seidelmann zeichnete damahls mit Tusche und Bister; da die Tusche in der Luft sehr leicht verfliegt und bleich wird, so fand Reifstein, daß die schwarze Blase der Sepia oder des Blackfisches einen Saft enthält, der feiner und beständiger ist, als die Tusche. Diesen Saft des Fisches mit dem Bister vermischt giebt einen sehr guten Ton der Farbe, besonders, wenn man etwas rothen Saft von Cochenille gekocht darunter mischt. Die Sepia in ihrer natürlichen Beschaffenheit und ohne unter den Bister gemengt zu seyn, wird gleich von Fäulniß ergriffen und riechend; man vermischet sie daher mit scharfem Essig und spiritus vini, wo sie sich Jahre lang hält, so daß man sie wie Dinte zum Zeichnen gebrauchen, und so bald man will, unter den Bister mischen kann. Diese kleine Erfindung ist seit der Zeit den Künstlern beym Zeichnen sehr nützlich gewesen.
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Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_081.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)