Seite:Wünschelruthe Ein Zeitblatt 078.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Wünschelruthe


als eines biedern, kunsterfahrnen Mannes, und seines Mitforschers in den Römischen und Herkulanischen Alterthümern mehrmahls in seinen Briefen erwähnt. Im Jahr 1768 lernte ihn der berühmte Mahler und Director der Mahlerakademie Hackert in Rom kennen; er war damahls über die vor kurzem geschehene Ermordung seines Freudes Winkelmann zu Triest noch sehr betrübt, befand sich aber übrigens in leidlichen Umständen. Es war ihm von Cassel aus Unterstützung in Rom versprochen worden, um sich dort zu der Stelle eines Bibliothekars und Antiquars für Cassel zu bilden, mit der Versicherung, dereinst Arkenholzens Nachfolger zu werden; aber Reifstein mußte sich mit dem Titel als Hessischer Rath begnügen, und erhielt auf die Briefe, worin er um die versprochene Unterstützung bat, keine Antworten mehr. 1769 machte er viele Bekanntschaften mit vornehmen Fremden in Rom, die er als Antiquar zu den dortigen Alterthümern begleitete; unter andern lernte er so auch den Russischen General Ivan Schouvalof kennen, der sein großer Gönner wurde und ihm bald darauf auch eine kleine Pension von 100 Zechinen von der Petersburgischen Mahlerakademie verschaffte, um über die jungen Pensionärs, welche die Akademie nach Rom zum Studiren schickte, dort die Aufsicht zu führen. Da in eben diesem Jahre Kayser Joseph II. in Rom war, so bekam Reifstein wieder Bekanntschaften in Wien, wodurch sein Einkommen und seine ökonomische Lage nicht wenig gewann. Rath Arkenholz verließ nun seinen Posten in Cassel, und Reifstein erhielt daher einen Ruf dahin, aber mit der Bedingung, daß die Stelle getheilt, und er nur als Antiquar sollte angestellt werden, indem ein anderer als Bibliothekar angestellt sey, und daß folglich der Gehalt von 800 Rthlr. getheilt werden müsse. Unter diesen Umständen dankte er für dies Anerbieten, weil er es nicht für möglich hielt, mit dem angebotenen Gehalt in Cassel zu leben; er wollte lieber in Rom bleiben, wo er zwar damahls noch nicht so viel gewisses hatte, sich aber doch im Grunde sehr wohl befand.

Die vielen Bekanntschaften, die er nach und nach mit reichen und vornehmen Fremden aller Länder gemacht hatte, zogen ihm eine Menge Commissionen, Kunstsachen betreffend, und eine damit verbundene weitläuftige Correspondenz zu, so daß er die letzten 18 Jahre hindurch überaus beschäftigt war. Sein gerader, edler Character erwarb ihm viele Freunde, unter denen wohl keiner mehr reelles zu seiner Zufriedenheit beygetragen hat, als der Baron von Grimm, der ihn der Kaiserinn von Rußland und dem Herzog von Gotha so wirksam empfahl, daß er von beyden Höfen zum Hofrathe ernannt wurde, und auch Pensionen erhielt. Er hätte nun gemächlicher leben können; aber seine Dienstfertigkeit ließ ihn dazu nicht kommen, und das Bestreben, theils Fremden ihren Aufenthalt in Rom angenehm und nützlich zu machen, theils die studierenden Künstler anzuleiten, erhielt ihn außer seinen Commissionsgeschäften in beständiger Thätigkeit. Seitdem er die Pension von der Russischen Kayserinn bekam, führte er außer den deutschen, Rom besuchenden Fürsten, keine andere Fremde mehr in Rom, als Russen, und zwar ohne dafür von ihnen die geringste Erkenntlichkeit anzunehmen. So oft ihm auch seine Freunde darüber Vorwürfe machten und ihm vorstellten, daß dieß gewiß zugleich gegen die Absichten und Erwartungen der Russischen Monarchin sey, so fest blieb der dankbare und genügsame Philosoph bey seinem Entschluß. Als der Landgraf von Hessencassel in Rom war, wünschte dieser gegen Reifstein, daß er doch wieder in seinen Dienst nach Cassel zurückkehren möchte; aber Reifstein dankte für dies schmeichelhafte Anerbiethen. Der Markgraf von Anspach-Bayreuth, dessen Begleiter er in Rom und Neapel war, beschenkte ihn reichlich und gab ihm zugleich das Diplom als Geheimer Legations-Rath. Er war 1782 der Cicerone des Großfürsten von Rußland bey dessen Besuch in Rom, und wurde von ihm mit einer kostbaren Dose und 1000 Ducaten beschenkt. Dieß sey genug, um zu zeigen, wie allgemein geschätzt und geehrt er von den vornehmsten Reisenden war, und wie desto rühmlicher es für ihn ist, daß ihn alle diese Gunstbezeugungen nicht seiner einfachen, bescheidenen Denkungsart und Lebensweise untreu machten.

(Die Fortsetzung folgt).




Liebe in Tönen.




     Auf Toledo’s Blumenmauern
Klang allnächtlich stilles Tonen
Wie von Liebeslust und Trauern,
Wie von Seufzern und von Thränen.

5
Sternlein aufzuhorchen schienen,

Zu empfinden Liebespeinen;
Ihre stillen Trauermienen
Bargen sie im Mondesscheinen.

     An Toledo’s stillen Mauern

10
Gieng Alonso traurig öde,

Mit der Nacht geheimen Schauern
Sprach der Töne Geisterrede;
Und Alonso hört die Töne,
Und die stille Seel’ erkennet,

15
Seufzend ohne Schmerz und Thräne

Er den süßen Namen nennet.

<section end=t2>

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 78. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_078.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)