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Verschiedene: Wünschelruthe

Stehlen gift Brot bet in den Doot.


Liebesgruß.




Wenn alles schläft die lange Nacht
Wach ich noch mit den Sternen;
Feins Liebchen schläft, ihr Engel wacht,
Mit ihr wohl wär ich gerne!

5
     Ich werd sie sehn

     Und leis’ zuwehn
Den süßesten der Träume.

Der Sonne freundlich Angesicht
Verbirgt ein Wölkchen kleine,

10
Und jedes Blümchen traurig blickt

Ob sie noch nicht erscheine,
     So gießt auch Schmerz
     Sich in mein Herz
Daß du mir bist so ferne.

15
Die Morgenröth wenn sie aufsteht

Die Blümlein weckend küsset,
Der Baum mit seinen Zweigen webt,
Die Sonne sie begrüßet;
     Wann kömmt die Zeit

20
     Wo ich mit Freud

Dich Liebchen auch begrüße?

Am Himmel steht ein goldner Stern,
Den grüße ich von weiten,
Es ist der liebe Abendstern

25
Der geht nach deiner Seiten;

     O eil zurück
     Bring Gruß und Glück
Als Morgenstern vom Liebchen.

Sigurt Albrok.




Der Alchimist.




(Fortsetzung).

Die Nachbarn müßen herbei. – Sie hat das tobende Wetter längst in die sichern Betten, in die weichen Arme des Schlafs getrieben – kann der schwache Menschenruf das Geprassel des Regens, das laute Schelten des Sturms übertönen? – Wächter soll er heranschreien, holen. – Die Nacht ist todt, nicht ein lebendes Wesen regt sich in den öden Gassen; wen auch soll er anklagen? – wen wird der Verdacht treffen? Wie kann er sich aus den Schlingen lösen, die der Zufall tückisch ihm um den Nacken warf? - Grimaldi ist reich – wieder spinnt ihn die Furcht in ihr graues Gewebe enger und enger, das die geängstete Seele, zitternd und flatternd – wie die Taube im Netz – vergebens zu zerreißen strebt. – Da schlägt die Glocke mit befreundetem Klange die erste Stunde des neuen Tages an – den Geistern der Nacht ist die Gewalt geraubt, ihre Zeit ist um – und wie der Ton herüberfließt zu Fazio, ist es ihm als werde er von einer holdbekannten Stimme aus quälenden Träumen geweckt, wie Frühroth steigt es auf vor dem verzagten Sinn, und ein lichter Gedanke verscheucht, wie die leuchtende Morgensonne, mit glänzenden erquicklichen Stralen die kalten Nebelgebilde des Schreckens. Rüstig, von Hoffnungsmuth jugendlich erwärmt, springt er auf, und, wie die Thür wohl verwahrt ist, durchsucht er ämsig genau Kleider und Taschen des Ermordeten. – Nichts entsetzliches, nichts grauenerregendes mehr hat der Leichnam für ihn. – Wenige Paoli fallen ihm in die Hände, – was er erwartete war mehr. – Sieh da! ein Schlüsselbund, von eisernem Reif zusammengehalten, löst sich, nur mit

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Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_065.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)