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erschienen und so auf sie wirkten, vor den Augen der Zuschauer seyn was sie sollen. Von einzelnen Fällen der ersten Arten dieses Eingreifens finden wir aber schöne Beispiele in den Liedern des Troubadours in Werners Söhnen des Thales, und noch weit mehr in den schon angeführten geistlichen Gesängen in Göthes Faust.

Aeußere Einrichtungen für das Erscheinen des Chores auf der Bühne möchten sich erst dann genauer bestimmen lassen, wenn ein Dichter den Charakter desselben näher angegeben hätte. So könnte er vielleicht z. B. seine Gesänge zwischen den Akten vor einem zweiten, von dem gewöhnlichen zurückstehenden Vorhange singen, um so zugleich von den Handelnden und den Zuschauern gehörig geschieden zu seyn. – Möchte bald ein Dichter das lebendig den Sinnen und Gemüthern zuführen, was ich hier trocken in Begriffen anzugeben versucht habe, und was, wenn es dabei bleibt, so überzeugt ich bin daß es zum Guten gereichen könnte, wie eine augenblickliche Vorstellung unbemerkt wieder verfliegen möge!




Friedrich Barbarossa und Konradin[1]

     In des Berges tiefstem Raume
Kayser Barbarossa sitzt,
Und aus einem schweren Traume
Hebt er seine Augen itzt.

5
     „Will der Rabenschwarm nicht weichen,

Ist noch die Erlösung fern?
Muß mich das Gekrächz erreichen
Mitten in der Erde Kern?

     Nie hab’ ich den Laut vernommen

10
In der ewig, stillen Nacht!

Will von oben Botschaft kommen?
Ist auch Gela dort erwacht?“

     Als er kaum das Wort gesprochen,
Tritt ein Heldenjüngling ein;

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Schwert und Helm sind ihm zerbrochen,

Doch umgiebt ihn heller Schein.

     Um des Jünglings Halse zeiget
Sich ein Streiflein, roth wie Blut,
Und vor Barbarossa neiget

20
Er das Haupt mit düsterm Muth.


     „Jüngling, bringst mir aus dem Leben
Ein gar liebes Bild zurück!
Kannst du gute Botschaft geben?
Blüht noch meines Hauses Glück?“

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     „Unser Haus es ist gefallen,

Siehst du nicht die blut’ge Spur?
Einsam blieben in den Hallen
Unsre stummen Bilder nur.

     Nicht im schönen Siegeslaufe

30
Schied ich von dem süßen Licht!

Ach, der letzte Hohenstaufe
Sank am dunkeln Hochgericht.

     Jetzt an deiner Seite schlafen
Muß ich eine lange Nacht,

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Bis die Höllenthat zu strafen

Deutschlands Volk dereinst erwacht;

     Bis die Enkel niedertreten,
Was der Erbfeind ausgesät,
Bis die Kinder stammelnd beten,

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Wenn das Schwert der Väter mäht.


     Dann erwachen wir und ziehen
Froh voran im Siegesthal,
Und die Raben draussen stieben
Hinter uns zum Leichenmahl.“

45
     Friedrich zieht den Jüngling nieder

In den Schooß zur langen Ruh,
Und die müden Augenlieder
Schliessen beide lächelnd zu.

A. Schreiber.




Volkslieder.
3.
(Hessisch.)

Es schwamm ein Entchen auf wilder See,
Der that ja ihr Herzchen von Durste so weh,
Du schwimmst doch so ferne auf wilder See,
Da kam ein Wildschießer hergegehn

5
Und schoß dir wohl die Ente auf wilder See,

Die Federchen flogen nicht weit von hier,
Sie flogen vor Herzliebchens Fenster
Wohl vor Herzliebchens Thür.

Was stehst du denn und winkest mir?

10
Ich kann ja diesen Abend nicht kommen zu dir.

Kannst du diesen Abend nicht kommen zu mir
So schick mir ja wieder die Treue, den Rosenkranz.
Die Treue wieder schicken und das thut weh,
Zwei Herzliebchen die scheiden sich nie mehr.


  1. Die Sage vom schlafenden K. Barbarossa ist bekannt genug, weniger aber seine Liebschaft mit Gela, deren Name sich in dem Namen der Stadt Gelnhausen erhalten.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_036.jpg&oldid=- (Version vom 6.1.2021)