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angeführten Falle sollte ein Gegenstand durch zwei Bestimmungen bezeichnet werden. Gesetzt nun aber, ein Gegenstand soll mit drei oder mehreren Bestimmungen zugleich ausgedrückt werden, es soll z. B. angedeutet werden: der schlafende Löwe ruht aus, so muß hier nach der von uns aufgestellten Regel, der Löwe, als der Hauptbegriff im ganzen Satze, zuerst bezeichnet werden: hierauf folgt die nähere Bestimmung des Löwen, nämlich daß er schläft: und zuletzt kommt eine besondere Bestimmung dieses Schlafs — das Ausruhen. In dieser Verbindung muß demnach das Zeichen des Schlafs, welches in der vorher angeführten Zusammensetzung als das Hauptwort einen starken und gedehnten Ton hatte, abgekürzt, und zusammenfließend mit dem Zeichen des Ausruhens, das hier den Hauptsinn des ganzen Satzes enthält, aus dem folglich in der Aussprache am längsten verweilt werden muß, vorgetragen werden.


Man sieht ohne meine Erinnerung ein, daß in dieser Zusammensetzung die Bezeichnung des Schlafs, welche vorher ein Zeitwort war, auf dieselbe Art, wie indem vorher aufgestellten Satze die Bezeichnung des Löwen, zu einem Particip geworden ist; woraus sich leicht, etwa durch einige äußere Modificationen, ein Adjectiv bilden kann. — So entstehen Participien, Substantiven und Adjectiven. Aber man könnte fragen: warum ist aus manchen Bezeichnungen ein Substantiv, aus andern ein Adjectiv entsprungen, da doch sowohl das eine, als das andere, sich aus einem Zeitworte, und durch die Zusammensetzung desselben

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Johann Gottlieb Fichte: Von der Sprachfähigkeit und dem Ursprung der Sprache. Hofbuchhändler Michaelis, Neu-Streelitz 1795, Seite 307. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Von_der_Sprachfaehigkeit_und_dem_Ursprung_der_Sprache_307.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)