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Erfinder ihn durch andre schon bekannte Töne erläutern; durch deren Zusammensetzung er selbst neue Worte bilden konnte. So war es ihm leicht möglich, durch Zusammenstellung mehrerer Töne, deren Gegenstände mit dem zu bezeichnenden Objecte in gewisser Beziehung standen, seine Sprache mit neuen Bezeichnungen zu bereichern.


Aber, wer war es denn, der für die Erfindung und Ausbildung einer Gehörsprache zu sorgen hatte? und wie konnte eine solche willkürliche Bezeichnung, die von einem Individuum aufgestellt wurde und wozu in dem Gegenstand entweder gar keine oder nur eine zufällige Veranlassung war, als ein allgemeinverständlicher Ausdruck in Umlauf gebracht werden? Der Natur der Sache nach mußte dieses Geschäft vorzüglich dem Hausvater und der Hausmutter einer Familie angehören, die bei ihren häuslichen Geschäften oft Gelegenheit hatten, mancherlei neue Töne zu erfinden, womit sie ihren Hausgenossen die Bearbeitung eines Gegenstandes in einem Ausdrucke auftragen konnten, den sie anfänglich durch Vorzeigung des Gegenstandes erklärten. Durch den häufigen Gebrauch wurden diese Ausdrücke dem Vater und der Mutter selbst geläufiger.


Allein, wenn auch der Hausvater sich durch die von ihm erfundenen Bezeichnungen seiner Familie verständlich machte; wenn ihm auch z. B. sein Sohn, wenn er eine Rose verlangt hatte, die Blume brachte, welche er mit diesem Ausdruck meinte: wie sollte dies Wort in der ganzen Horde gemein

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Johann Gottlieb Fichte: Von der Sprachfähigkeit und dem Ursprung der Sprache. Hofbuchhändler Michaelis, Neu-Streelitz 1795, Seite 290. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Von_der_Sprachfaehigkeit_und_dem_Ursprung_der_Sprache_290.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)