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Art wohl jemals in Gesellschaft getreten, würde durch sie die Erde bevölkert worden sein? Ihr Verhältniß würde ganz so gewesen sein, wie es Hobbes im Naturstande schildert: Krieg Aller gegen Alle. Und doch finden wir, daß die Menschen sich mit einander vertragen, daß sie sich gegenseitig unterstützen, daß sie in gesellschaftlicher Verbindung mit einander stehen. Der Grund dieser Erscheinung muß wohl in dem Menschen selbst liegen: in dem ursprünglichen Wesen desselben muß sich ein Princip aufzeigen lassen, welches ihn bestimmt, sich gegen seines gleichen anders zu betragen, als gegen die Natur.


Ich weiß recht wohl, daß viele behaupten, die Menschen giengen von Natur darauf aus, einander zu unterjochen. Was auch immer gegen diese Behauptung sich einwenden lassen möge, so ist doch soviel gewiß, daß sich aus der Erfahrung mancherlei scheinbare Gründe für dieselbe auffinden lassen, und daß sie folglich der entgegengesetzten Behauptung, wiefern diese auch nur als Erfahrungssatz aufgestellt würde, in Rücksicht auf Gültigkeit gleichgesetzt werden könnte. Diese entgegengesetzte Behauptung muß also eben darum, damit ihre Gültigkeit entschieden sei, aus einem in der Natur des Menschen selbst liegenden Princip abgeleitet werden. Wir wollen dieses Princip aufsuchen.


Der Mensch geht darauf aus, die rohe oder thierische Natur nach seinen Zwecken zu modificiren. Dieser Trieb muß untergeordnet sein dem höchsten Princip im Menschen, dem: sei immer einig mit dir selbst; nach welchem Princip er in den

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Johann Gottlieb Fichte: Von der Sprachfähigkeit und dem Ursprung der Sprache. Hofbuchhändler Michaelis, Neu-Streelitz 1795, Seite 261. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Von_der_Sprachfaehigkeit_und_dem_Ursprung_der_Sprache_261.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)