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ist ihre Sprache ohnehin ewig unverständlich. Indessen da, wo eine Inschrift sich gleichsam zufällig, z. B. an einem Altar, Grabmal, Tempel etc. in passender Beziehung findet, ist sie schon durch die Individualität, in der sie sich darstellt, interessant. Es schließen sich des Wanderers Empfindungen an diese fremden Gefühle an, weil er in ihnen die ganze Freyheit der seinigen nicht verliert. In einem Park besonders, der in allen seinen Theilen nichts Schöneres als die Natur und das Leben umfassen kann, die sich beyde nicht in Sentenzen, sondern in freyer Thätigkeit darstellen, wo dann in Bild oder Worten ein Mensch zum andern redet: „das fühlt’ ich, das dacht’ ich hier“ — da ist eine Inschrift gleichsam ein trauliches Gespräch mit einem vorübergegangenen Freunde, dessen Stimme noch, wie die der Syrinx, aus jedem leise erbebenden Rohre spricht. Nur bey solchen lauten Vorschriften, wie man sehr oft dergleichen antrift, wodurch der Wanderer die Anweisung, dieß oder jenes zu denken oder zu empfinden, erhält, da fühlt er sogleich die Censurfreyheit

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Ulrich von Schlippenbach: Malerische Wanderungen durch Kurland. C. J. G. Hartmann, Riga und Leipzig 1809, Seite 58. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:VonSchlippenbachMalerischeWanderungenDurchKurland.pdf/69&oldid=- (Version vom 12.12.2020)