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innigst gerührt und an die schon bey den Römern gebräuchlichen Votivtafeln erinnert: Auch der Ärmste kann so seinem entschlummerten theuren Kinde ein Andenken in einem einfachen Blüthenstrauß weihen, und die Andacht einer Mutter, deren Blick auf den welken Kranz fällt, welcher das Symbol ihres entschlafenen Lieblings und ihrer im Staube verwesenden Freude ist, wird gewiß inniger seyn, als sie nur je Wort und Gesang erwecken kann. Ein solches Herbarium aus dem großen weiten Garten des Todes wird für die heiligsten Gefühle gesammelt, und diese Kronen, auf denen ehemals Mutterthränen, statt glänzender Diamanten schimmerten, haben ja auch das mit vielen goldenen gemein, daß der, der sie bis hieher an sein Grab trug, in einem gepreßten Herzen die Last ihrer Deutung empfand. In dem Grabgewölbe, neben der Kirche, mitten auf dem von hohen Linden beschatteten Kirchhofe, ruhen in einem großen bleyernen Sarge die Gebeine eines für die vaterländische Geschichte merkwürdigen Mannes, des Reichsgrafen Hermann Karl von

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Ulrich von Schlippenbach: Malerische Wanderungen durch Kurland. C. J. G. Hartmann, Riga und Leipzig 1809, Seite 352. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:VonSchlippenbachMalerischeWanderungenDurchKurland.pdf/367&oldid=- (Version vom 12.12.2020)