Seite:VonSchlippenbachMalerischeWanderungenDurchKurland.pdf/355

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Stimme, wo sie für Recht und Wahrheit zu sprechen, gezwungen werden. Eine kleine mit Linden eingefaßte Grabstätte auf einem Hügel hinter der Kirche, wo die Zeit ein halbversunkenes Monument mit leiser, doch gewisser Hand bald verwischt haben wird, hat eine sehr gefällige Lage. Man übersieht eine Fläche von 2 bis 3 Meilen. Ich kenne nichts rührenderes als solche Denksteine auf den Pfaden des menschlichen Lebens, und der Leser mag es sich gefallen lassen, daß ich dergleichen öfterer in dem Gemälde Kurländischer Gegenden bemerken werde. Hier herrscht — ich möchte sagen — die heilige Sitte allgemein, die theuren Reste geliebter Freunde und Verwandte in hiezu besonders errichteten Gebäuden aufzubewahren. Oft sind diese in der Form antiker Tempel, oder auch wie kleine gothische Thürme aufgeführt, und da man sie mehrentheils an solchen Stellen errichtet, wo die Aussicht frey und schön, oder der Platz von schattigen Bäumen umgeben ist; so werden diese Mausoleen, die man hier Kapellen nennt, zugleich eine Zierde der Landschaft, die sie umgiebt.

Empfohlene Zitierweise:
Ulrich von Schlippenbach: Malerische Wanderungen durch Kurland. C. J. G. Hartmann, Riga und Leipzig 1809, Seite 340. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:VonSchlippenbachMalerischeWanderungenDurchKurland.pdf/355&oldid=- (Version vom 12.12.2020)