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Ein alter ehrwürdiger Küster, dessen Wohnung ohnweit der Kirche lag, öffnete mir diese. Sie ist geräumig und wenig verziert. Eine Tafel mit Scharlach bedeckt, an der ein kleiner Huth und Degen eines schon längst verstorbenen Knaben hing, eine große gemalte Ahnentafel und ein mit vergoldeten Figuren verziertes hölzernes Denkmal, mit schon größstentheils verwischten Inschriften, waren die einzigen Reste aus der Vorzeit. Bey letzterem fiel es mir auf, daß ein Kommandostab durch die Augenhöhlen eines Todtenkopfs gesteckt war. Ist das jedoch nicht der Fall mit allen Kommandostäben der Helden, die, wann der dürre Stab Lorbeerzweige treiben soll, in Schädeln erschlagener Menschen wurzeln müssen?

Ohnweit Talsen zeigen sich in einigen wenigen Mauerruinen die Reste eines ehemaligen Schlosses, dessen Erbauer jedoch unbekannt ist, und dessen selbst Arendt in seinem Verzeichniß aller alten Schlösser Kur- und Lieflands, nicht erwähnt. Indessen war zu Gotthard Kettlers Zeiten hier schon eine Kirche und ein Städtchen. Daß ehemals

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Ulrich von Schlippenbach: Malerische Wanderungen durch Kurland. C. J. G. Hartmann, Riga und Leipzig 1809, Seite 257. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:VonSchlippenbachMalerischeWanderungenDurchKurland.pdf/268&oldid=- (Version vom 14.2.2021)