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jeden aus ihrer Mitte, der einen Letten, es sey dieß ein freyer, oder ein erbunterthäniger, in irgend einem Handwerk unterrichtet, verächtlich, und tadeln ihn öffentlich, als ob er ein ehrenrühriges Verbrechen begangen hätte. Eben daher wird es sehr schwer und kostbar, die Letten, deren Talente zu allerhand Künsten und Gewerben schon in alter Zeit berühmt waren[1], unterrichten zu lassen. Auch hier war ein solcher Umstand der Gegenstand des Streits unter Talsens Plebejern, und der jubelnde Schuhknecht sang, als er schon zu Boden fiel, doch im Gefühl seines Vorrangs vor einem fleißigen, redlichen Letten: „wenn mein Meister Bauern lehrt, so bin ich doch kein Bauer!“ — indeß der Meister, der ein stiller, fleißiger Mann zu seyn schien, sich nur einen Augenblick zu zeigen wagte, und dann

  1. Kelchs liefländische Kronik, Seite 223, erzählt, daß schon damals die Letten, wenn sie nur bey Handwerkern Monate lang Handreichungen geleistet, das Handwerk abgesehen, und nachher eben so gute Arheit geliefert. Sıe verfertigten oftmals ihr eigenes Büchsenpulver, und hatten selbst von dem Laufe der Gestirne manche Kenntnisse.
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Ulrich von Schlippenbach: Malerische Wanderungen durch Kurland. C. J. G. Hartmann, Riga und Leipzig 1809, Seite 253. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:VonSchlippenbachMalerischeWanderungenDurchKurland.pdf/264&oldid=- (Version vom 14.2.2021)