Seite:VonSchlippenbachMalerischeWanderungenDurchKurland.pdf/259

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

stiftete, Ehre, das Gefühl der Achtung für die stille Tugend eines armen Dienstmädchens, eben an der Stelle durch ein Denkmal bezeichnet zu haben, wo die prangenden Schilder des Unterschiedes der Stände stehen. Hier waren letztere schon von Staub überdeckt, und wo dieser Helm und Krone verschleiert, da verschwindet aller schimmernde Schmuck. Am weißen Leichentuche haften die bunten Farben der heraldischen Felder nicht mehr, und für eine Auszeichnung jenseits können nur Tugend und Verdienst ein Wappen geben, das wie ächtes Mosaik aus Edelsteinen, dort aus Thaten zusammengefügt ist.

Mitten in der Kirche ist ein alter Leichenstein mit folgendem Spruch:

„Was du jetzund bist, war ich einst auf Erden,
Was ich jetzund bin, kannst du schnelle werden.
Darum, o Mensch, vertraue Gott, den eins ist Noth!
Denk an deinen Tod!“ —

Wann, wie aus einer Todtengruft hervor, diese ernste Mahnung dem Lebenden gleichsam zugerufen wird, so bebt das rege glühende Leben im ersten Augenblick vor

Empfohlene Zitierweise:
Ulrich von Schlippenbach: Malerische Wanderungen durch Kurland. C. J. G. Hartmann, Riga und Leipzig 1809, Seite 248. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:VonSchlippenbachMalerischeWanderungenDurchKurland.pdf/259&oldid=- (Version vom 14.2.2021)