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steht ein Altar von rohen Steinen, von einem Laubgewölbe wie von der Kuppel eines Tempels bedeckt, und ein Baum trägt die Inschrift.

Vergeblich sucht ihr Freunde hier den Schmuck,
Ist euch Natur nicht ohne Kunst genug?

Zuerst gelangt man über eine von rundem Holze gezimmerte Brücke zu einer kleinen Insel, wo im Frühlinge eine zahllose Menge Veilchen blühen. Eine andere Brücke führt aus der Insel in einen labyrinthischen Gang, wo nur Rasenbänke und Schatten zu finden sind, nur ich – ich finde mehr; ach! da trägt eine Erle die Namen meiner Eltern und den meinigen. Beynahe unkenntlich sind die Züge. Sind solche Einschnitte in junge Bäume nicht das wahre Bild der Erinnerungen der Kindheit? Sie verwachsen zwar, die Züge, die ehmals weiß und zierlich erschienen und werden braun und narbigt, aber sie vergehen nie ganz und sind für Schmerz und Kummer ein süßes Andenken. Die Freuden des Mannes sind wie der Streif, den ein segelndes Schiff in die Fluth

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Ulrich von Schlippenbach: Malerische Wanderungen durch Kurland. C. J. G. Hartmann, Riga und Leipzig 1809, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:VonSchlippenbachMalerischeWanderungenDurchKurland.pdf/22&oldid=- (Version vom 12.12.2020)