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Herz zur Wehmuth stimmen, als die wenigen Rosen, die der Sommer verschont, und die noch grünen Zweige erfreuen. Allenthalben, wo der Mann die Natur und die Welt in ihr betrachtet – da erblickt er die Gegenstände außer sich mit prüfendem Auge, da giebt es ihm fremde Gestalten, zu denen er hinstrebt, oder die er flieht; nur an dem geheiligten Orte, den die Kinderzeit mit dem Lilienstabe der Unschuld für das ganze Leben zu einem Götterhaine weihte, da hört man wie Apollo’s Priester in heiligen Lorbeerhainen noch immer Stimmen und sieht Gestalten, die keines irdischen Ursprungs sind. Da erblickt man sich immer nur selbst in der Welt umher, da findet man sich als Kind allenthalben zurück und sieht die eigene Gestalt, wie einen Schmetterling, mit schönen bunten Flügeln, über alle Blumen schweben. Da windet sich noch selbst um den Wanderstab des Greises, mit dem er still und einsam zum Grabe geht, eine frische Ranke, die zwey schöne Blüten der Freude, Phantasie und Erinnerung trägt – Die fremden Gestalten, die die Kindheit erblickt,

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Ulrich von Schlippenbach: Malerische Wanderungen durch Kurland. C. J. G. Hartmann, Riga und Leipzig 1809, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:VonSchlippenbachMalerischeWanderungenDurchKurland.pdf/15&oldid=- (Version vom 9.3.2019)