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Sehen wir auf den Heerschild als relative Lehnsfähigkeit, so wird allerdings die Folge der Stufen, wie sie in den Rechtsbüchern auftritt, erst im zwölften Jahrhunderte sich genauer festgestellt haben. Aber die Anschauung, welche ihr zu Grunde liegt, muss schon auf den frühesten Entwicklungsstadien wirksam gewesen sein, sie war eigentlich mit dem Aufkommen der Vasallität von selbst gegeben. Dem Benefizialwesen steht sie allerdings ferner; noch in späterer Zeit galt es für keine Niederung des Schildes, Gut von einem Genossen oder Untergenossen zu Nutzniessung zu haben, so lange die Mannschaft der Verbindung fern blieb.[1] Den Ausgang bildet hier das durch die Kommendation begründete, zunächst rein persönliche Verhältniss der Vasallität; da dieses nicht auf die Verbindung mit dem Könige beschränkt war, da auch die Vasallen des Königs wieder ihre Vasallen hatten, so war damit eine Abstufung von vornherein gegeben. Und war das Verhältniss auch ein durchaus ehrenvolles; die persönlichen Freiheitsrechte nicht beeinträch- tigendes, so konnte es doch nicht fehlen, dass man nach ihm vielfach die persönliche Stellung als eine mehr oder weniger angesehene bemass; wenn Ludwig der Deutsche seinem Vater, nachdem dieser ihn dem Grossvater Karl geschenkt hatte, sagt: Quando vester eram vasallus, post vos, ut oportuit, inter commilitones meos steteram; nunc autem vester socius et commilito, non immerito me vobis coaequo,[2] so können wir kaum einen bestimmteren Beleg für die Wirksamkeit dieser Anschauung wünschen. Wer sich einer andern Person durch Stand, Amt, Besitz und was hier sonst massgebend sein konnte, gleichgestellt fühlte, für den wäre es eine Niederung der Stellung gewesen, sich ihr zu kommendiren; es wäre zugleich ein Zweck dabei kaum abzusehen gewesen.

Reicht so der Begriff niederer und höherer Stufen der Mannschaft unzweifelhaft bis auf die Anfänge der gesammten Entwicklung zurück, so fragt es sich nun, in welcher Weise und

wann dieser Begriff mit bestimmten andern Unterschieden der

  1. Vgl. oben S. 85.
  2. Vgl. Waitz Verfassungsg. 4, 238.
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Julius von Ficker: Vom Heerschilde. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1862, Seite 217. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Heerschilde_221.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)