Seite:Vom Heerschilde 220.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

fremd; die Verleihungen der Benefizien erfolgten an Geistliche und Weltliche, Männer und Frauen, Freie und Unfreie, also ohne Rücksicht auf die später die Lehnsfähigkeit bedingenden Gesichtspunkte.[1] Der Begriff der Lehnsfähigkeit war erst damit gegeben, dass sich von der Masse der für die verschiedenartigsten Gegenleistungen erfolgenden Verleihungen diejenigen bestimmter schieden, für welche nur die ehrenvollsten Leistungen der Hoffahrt und insbesondere der Heerfahrt verlangt wurden, dass zugleich die Anschauung sich fester ausbildete, solche Benefizien sollten nur von solchen geliehen werden, welche jener Leistung bedürfen, nur an solche, welche zu ihr befähigt sind, und zwar nicht blos durch eigenes rittermässiges Leben, sondern in schärferer Ausbildung auch durch die Geburt von ritterlichen Eltern, Die Anfänge solcher Entwicklung reichen unzweifelhaft sehr weit zurück; ihren völligen Abschluss durch Scheidung aller Personen in die beiden Klassen der ritterbürtigen Lehnsfähigen und der Unfähigen möchte ich kaum über das zwölfte Jahrhundert zurücksetzen, da die hier sehr massgebende bestimmtere Ausprägung der ausschliesslichen Lehnsfähigkeit der fürstlichen Kirchen mit dem Investiturstreite zusammenzuhängen scheint;[2] da weiter, falls wir den Begriff der Ritterbürtigkeit selbst auch schon früher wirksam denken dürfen, seine enge Verbindung mit der Lehnsfähigkeit doch erst dann vollendet war, seit diese auch dem ritterbürtigen Ministerialen zukam.[3] Und der Versuch, die Zeit genauer zu bestimmen, wann nach dieser Richtung hin das System der Rechtsbücher seinen vollen Abschluss erhalten hat, wird um so weniger ein sicheres Resultat erwarten lassen, als diese Seite der Lehre ja eigentlich überhaupt nicht zu scharfem Abschlusse gelangte, den Unfähigen doch wieder ein bestimmtes Lehnrecht gestattet ist, und es scheint, dass im thatsächlichen Leben die Gränze zwischen Fähigen und Unfähigen vielfach nicht einmal so weitgehende Berücksichtigung fand, als ihr in den Rechtsbüchern

zu Theile geworden ist.[4]

  1. Vgl. Waitz Verfassungsg. 4, 185.
  2. Vgl. oben S. 53. 99. 185.
  3. S. 178.
  4. S. 104.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Heerschilde. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1862, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Heerschilde_220.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)