Seite:Vom Heerschilde 200.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Folge hat. So scheint allerdings die Theorie den Fall zu kennen, dass jemand einen niedern Schild haben kann, als ihn die Regel seinem landrechtlichen Stande zuspricht. Wäre die Niederung des Schildes ein häufig vorkommendes Verhältniss gewesen, so möchten sich immerhin Unzukömmlichkeiten ergeben haben. Aber wir werden doch beachten müssen, dass eine solche Niederung nach Massgabe unserer früheren Erörterungen in den obern Schilden, wo wir das bestimmter zu prüfen vermögen, kaum vorkam; dass aber weiter, sollte sie auf den untersten Stufen häufiger gewesen sein, diese durch kein landrechtliches Moment mehr geschieden waren, die Ritterbürtigkeit allein den Ausschlag gab, und für weitere Gliederung das Lehnsverhältniss allein massgebend sein konnte. Die Lehre von der Niederung des Schildes und ihren Folgen stellt sich bei Beachtung der Thatsachen für den Fürsten und freien Herren als eine Schranke dar, welche nicht überschritten wurde; und wenigstens der Fürst, da seine Stellung ausdrücklich an bestimmte lehnrechtliche Erfordernisse geknüpft war, wäre ja nach ihrer Ueberschreitung nicht mehr Fürst geblieben.

Es fragt sich nun aber weiter, ob umgekehrt auch das Fehlen oder Aufgeben bestimmter Mannschaftsverhältnisse einen entscheidenden Einfluss auf die lehnrechtliche Stellung ausübte, ob eine Person niederen Schildes diesen durch Auflassung einer Mannschaft erhöhen konnte, ob durch die grössere oder geringere Zahl der Lehnsverbindungen bis zum Könige aufwärts eine bessere oder schlechtere Stellung bedingt war, ob es einen Werth hatte, wenn ein freier Herr oder Reichsdienstmann eben so, wie der Laienfürst, nur vom Könige und von Kirchen Lehen nahm.

Eine gewisse Wirksamkeit ist diesen Verhältnissen auf dem Gebiete des Lehnrechtes allerdings nicht abzusprechen, indem dasselbe eine von dem Heerschilde des Beliehenen unabhängige Niederung des Gutes kennt; für diese ist lediglich die grössere oder geringere Zahl der Lehnsverbindungen bis zum obersten Herren massgebend; niemand kann ohne seine Einwilligung verhalten werden, das Gut von einem niederen Herren zu empfangen, es ist also insbesondere das Einschieben von Mittelpersonen

Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Heerschilde. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1862, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Heerschilde_200.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)