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zu ritterlichem Kriegsdienst verpflichtete. In dieser Richtung erscheinen mir ritterliche Lebensweise und der Besitz von Lehngut und Dienstgut in so engem Zusammenhange zu stehen, dass da, wo es sich nicht um ein theoretisches Auseinanderhalten der Begriffe, sondern darum handelt, uns den thatsächlichen Zustand jener Zeit zu vergegenwärtigen, der Lehnsfähige gewiss durchweg auch als Belehnter zu fassen ist; wie es, nachdem die Bahn einmal gebrochen war, keinen Laienfürsten gab, welcher nicht Lehen von den Reichskirchen nahm, so wird auch kein freier Herr und kein schöffenbarer Ritter auf eine Verbindung verzichtet haben, welche ihm Vortheile gewährte, ohne irgendwelche Schmälerung seiner Standesehre zur Folge zu haben.

Das trifft freilich nur die schöffenbaren Ritter. Es gab nun aber auch schöffenbarfreie Bauern, es scheint sogar, dass es, was auch für folgende Untersuchungen ins Gewicht fällt, schon zur Zeit der Entstehung des Sachsenspiegels nur eine geringe Anzahl schöffenbarfreier Ritter gab. Für spätere Zeit treten die schöffenbarfreien Bauern in den Glossen zu den sächsischen Rechtsbüchern bestimmt genug hervor,[1] Für frühere Zeit dürfte die Stellung, welche in den Urkunden die Freien zu den Ministerialen einnehmen, einen wichtigen Anhaltspunkt bieten. Im südlichen Deutschland fanden wir urkundlich die Ausdrücke Nobiles und Liberi ganz gleichbedeutend gebraucht, ohne dass von den Edeln eine niedere Klasse von Freien gesondert würde. Auch in Sachsen finden wir im zwölften Jahrhunderte die Zeugen gewöhnlich entweder als Liberi und Ministeriales oder als Nobiles und Ministeriales unterschieden, jenes in der ersten Hälfte des Jahrhunderts vorherrschend, dieses in der zweiten, bis wir im dreizehnten Jahrhunderte in der Regel nur Edle und Ministerialen unterschieden finden. Auch hier können wir beide Ausdrücke in so weit gleichbedeutend nennen, als es, sobald häufigere Geschlechtsnamen eine Entscheidung gestatten, gewöhnlich nur Edelherren sind, welche als Liberi von

  1. Gl. zu Sächs. Ldr. 3, 29. vgl. Göhrum Ebenbürtigkeit 1,203.
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Julius von Ficker: Vom Heerschilde. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1862, Seite 170. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Heerschilde_170.jpg&oldid=- (Version vom 5.7.2016)