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über den Baron von Krenkingen, welcher ohne alles Lehen nicht einmal vor dem Kaiser Friedrich I aufstehen will, gründet sich auf Zeugnisse des fünfzehnten Jahrhunderts und kann wohl nur beweisen, dass diesen spätern Zeiten eine solche Anschauung nicht fremd war. Es waren nun aber, wie ich anderweitig genauer ausführen werde, gerade im vierzehnten Jahrhunderte die alten Lehnsverbindungen vielfach in höchst auffallender Weise in Vergessenheit gerathen; man betrachtete als reichslehnbar, was unzweifelhaft von Fürsten hätte geliehen werden sollen, als allodial, was früher lehnbar war, zum Theil seiner ganzen Natur nach nur lehnbar sein konnte, wie die Grafschaft. Das spätere Reichsstaatsrecht kennt allerdings allodiale Grafschaften; aber es dürfte keine sein, bei welcher die eingehendere Untersuchung nicht auf frühere Lehnbarkeit führte. Beispiele, welche dafür angeführt werden, sind die Grafschaft Hennegau, die Grafschaften Oldenburg und Delmenhorst, Ziegenhain und Nidda.[1] Erstere war erweislich Lehen von Lüttich.[2] Die Grafschaft Oldenburg war früher höchst wahrscheinlich, Delmenhorst noch im fünfzehnten Jahrhunderte urkundlich nachweisbar bremisches Lehen;[3] 1531 und später aber wurden beide vom Reiche geliehen, und zwar, wie es heisst, aus besonderer Gunst, da dieselbe seit langer Zeit nicht zu Lehen empfangen und daher eigentlich als verschwiegene Lehen dem Reiche heimgefallen seien.[4] Die Grafschaft Ziegenhain wird noch 1434 vom Abte von Hersfeld geliehen;[5] die Grafschaft Nidda 1420 vom Reiche, 1434 und 1450 vom Abte von Fulda,[6] unzweifelhaft dem ursprünglichen Lehnsherrn, da 1323 nur Burg und Stadt Nidda reichslehnbar sind.[7] Derartigen Nachweisen gegenüber wird man doch, wenn es auch später Freiherrn ohne Lehnsverbindung gegeben haben sollte, daraus kaum schliessen dürfen, dass das Geschlecht sich auch früher aller Mannschaft enthalten habe. Und selbst für das

  1. Vgl. Sachsse Grundlagen 425.
  2. Vgl. oben S. 94.
  3. Leibnitz Scr. 2, 267. Lünig Corp. j. feud. 2, 1382. Hobbeling Beschreib, d. Stifts Münster 181.
  4. Lünig RA. 10, 31. Corp. j. feud. 1, 815.
  5. Wenck Hess. G. Urk. 2, 479. 3, 230.
  6. Wenck 3, 227. 231. 448.
  7. Wenck 2,288.
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Julius von Ficker: Vom Heerschilde. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1862, Seite 163. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Heerschilde_167.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)